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Beziehungsarbeit

  • Wenn die Angst nach einem Sturz mitreitet

    „Was tue ich, wenn nicht nur mein Pferd in bestimmten Situationen unsicher und ängstlich reagiert, sondern auch ich? Und wie kann ich damit umgehen?“ Das Thema Angst beim Reiten und insbesondere Angst beim Reiten nach einem Sturz kommt mir immer wieder unter. Angst ist vor allem eines: ein sehr komplexes und persönliches, emotionales Thema.

    Die obige Frage hat mir Ivonne gestellt. Ivonne nahm an der ersten kostenlosen Relaxed Horse Challenge teil und buchte im Anschluss meinen Online-Kurs für ein entspanntes, relaxtes Pferd Relax and Ride. Mittlerweile geht Ivonne entspannt mit ihrem coolen Timmy ausreiten, sie hat gelernt, mir ihrer Angst umzugehen und souverän zu werden.

    Für jeden, der Angst beim Reiten (insbesondere nach einem Sturz) empfindet, ist es nicht einfach, über diese Angst und Unsicherheit zu sprechen und sich zu offenbaren.

    Aber sei dir sicher: Angst betrifft jeden. Auch ich bin nicht davor gefeit!

    Als studierte Diplompsychologin habe ich mich während meines Studiums und auch später in meiner Arbeit als Reittherapeutin viel mit Angst, Merkmalen von Angst und mit Angstbewältigung beschäftigt.

    Vorab möchte ich dir etwas ganz Wichtiges sagen: Angst – sowohl beim Menschen als auch beim Pferd – ist zuallererst eine gesunde Reaktion!

    Angst schützt uns vor Verletzungen (psychisch und physisch) und vor anderen bedrohlichen Situationen und Gefahren. Angst ist ein biologisches Warnsystem, das bei Gefahr aktiviert wird. Eine solche Bedrohung oder Gefahr kann eine gefährliche Situation sein, kann aber auch fehlende Unterstützung oder etwas Unbekanntes sein. Normale Angst bereitet uns darauf vor, uns zu schützen. So verhindert die Angst zuallererst einmal Schmerz. Und das ist auch gut so!

    Angst ist also auf keinen Fall eine verwerfliche oder lächerliche Emotion!

    Angst ist eine komplexe Erfahrung, die sich auf verschiedenen Ebenen ausdrückt: auf der Ebene des Körpers, auf der Ebene unserer Gedanken und auf der Ebene unseres Verhaltens.

    Wie zeigt sich Angst auf der körperlichen Ebene?

    Angst zeigt sich auf der körperlichen Ebene in einer Kampf-Flucht-Reaktion (kennen wir vom Pferd). Diese Kampf-Flucht-Reaktion bereitet unseren Organismus auf eine Handlung vor. Unser körperliches System, unser Organismus wird aktiviert und handlungsbereit gemacht:

    Das zeigt sich in folgenden Symptomen:

    • Erhöhte Herzfrequenz
    • Beschleunigte Atmung und damit mehr Sauerstoff im Gehirn (das spürt man vielleicht als Atemnot, Schmerzen in der Brust usw.)
    • Verstärktes Schwitzen
    • Geweitete Pupillen
    • Verdauungssystem wird heruntergefahren: Übelkeit, Magenkrämpfe
    • Muskeln spannen sich an: Zittern oder gar Schmerzen

    Wie zeigt sich Angst auf der Ebene der Gedanken, der kognitiven Ebene?

    Angst und Unsicherheit spielt sich besonders intensiv und ausdauernd in unserem Kopf ab. Jeder kennt das Horrorszenario, das unser Kopf automatisch abspielt: Kopfkino vom Feinsten.

    Angst zeigt sich kognitiv, auf der Ebene der Gedanken besonders in:
     
    • Unsicherheit, wie man in der aktuellen Situation reagieren soll, aber auch wie man in Zukunft reagieren soll
    • Sorgen/Besorgnis
    • Erwartung einer Katastrophe (Kopfkino spielt ein Horrorszenario ab)

    Angst beim Reiten führt auf der Ebene des Verhaltens zu:

    • Zum Wunsch, der Situation zu entfliehen. Das kann sich in den unterschiedlichsten Reaktionen zeigen und ist individuell verschieden. Die Spannbreite reicht von sich hinzusetzen bis zu einer waschechten Panikattacke.
    • Aggression (jemand, der helfen will, wird aggressiv abgewiesen; wir reagieren viel zu heftig und übertrieben auf das Pferd usw.)
    • Vermeidungsverhalten

    Wie reagierst du am besten auf Gefühle von Angst und Unsicherheit beim Reiten nach einem Sturz?

    Vorab: Das Thema Angst ist sehr komplex. Bei langanhalten, heftigen und dich stark einschränkenden Angstreaktionen oder gar Panikattacken solltest du dich an deinen Hausarzt oder am besten an einen Psychologen/Psychiater wenden.

    Anders als das Pferd können wir unsere Angst mit menschlicher Vernunft erklären und in vielen Fällen so auch abbauen. Beachte: Dein Pferd kann das nicht!!!

    Wie reagierst du nun, wenn Gefühle von Angst aufkommen?

    Es ist sehr wichtig, dass du dir zuallererst eingestehst, dass du Angst hast. Dass du sie nicht vor deinen Freunden (z. B. beim Ausritt etc.) versteckst, sondern dass du sie annimmst, wie sie ist.

    Dann solltest du über die Ursachen deiner Angst nachdenken. So kannst du Schritt für Schritt lernen, mit deiner Angst umzugehen. Auch wenn es sein kann, dass du sie nie ganz los wirst. Aber wie gesagt, Angst ist in einem gewissen Ausmaß auch sehr hilfreich und sinnvoll!

     

    Was sind meine Tipps bei Angst/Unsicherheit im Umgang mit dem Pferd oder bei Angst beim Reiten nach einem Sturz?

    1. Lass dich nie auf irgendwelche Mutproben ein. Wenn dir jemand einreden will, dass diese Situation eh „nur halb so wild“ ist, dann lass dich um Gotteswillen nicht breitschlagen und geh über deine Komfortzone hinaus. Aus der eigenen Komfortzone herausgehen ist gut für die persönliche Weiterentwicklung, aber nicht in einer unsicheren, angstbehafteten Situation. Mit seiner Angst umzugehen lernt man nur in einem sicheren Rahmen und kann dann Schritt für Schritt sein Selbstbewusstsein und seine Selbstsicherheit aufbauen und sich so langsam der angsteinflößenden Situation nähern.
    2. Hör auf deinen Bauch! Wenn du ein komisches Gefühl im Bauch hast, dann hör auch bitte darauf. Nichts ist schlimmer als im Nachhinein sagen zu müssen: „Ich habs gewusst! Hätte ich doch nur …!“ Deshalb: Trau dich, ehrlich zu dir und deinen Gefühlen zu stehen! Wie oft ist es schon passiert, dass man aus einer Situation herausgegangen ist und man dann später von anderen gehört hat: „Gottseidank bist du nicht mitgegangen, es war ein total furchtbarer Ausritt, es ist so viel passiert. Dein Pferd hätte durchgedreht …“ usw. und so fort. Und du weißt dann: Es war gut, dass ich auf mein Bauchgefühl gehört habe! 😉
    3. Trau dich, über deine Angst zu sprechen: Sag bei einem Ausritt zum Beispiel ganz klar, dass du dich hier gerade unwohl fühlst und dass du absteigen/umdrehen/anhalten usw. willst! Das zeugt von ehrlicher Selbsteinschätzung und Selbstbewusstsein und hilft dir mehr, als wenn du über dein Gefühl von Unsicherheit oder gar Angst hinwegsiehst und es ignorierst!

    Ich hoffe, ich konnte dir mit diesen Ausführungen Mut zusprechen, zu deinem Gefühl der Angst zu stehen.

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  • Warum du unbedingt Pferdetagebuch führen solltest

    Tagebuchschreiben ist verrufen als fad, altbacken und Kinderkram. Aber ganz zu unrecht! Wer sich regelmäßig Zeit nimmt, um Pferdetagebuch zu schreiben, geht in die Stille und reflektiert sich und sein Handeln. Wer Pferdetagebuch schreibt, kommt wieder mehr in die Ruhe – eine ganz wichtige Voraussetzung, um sich im trubeligen Alltag zu erden und ein Ruhepol und sanfter Führer für sein Pferd zu werden!

    Warum du unbedingt ein Pferdetagebuch führen solltest und warum uns das Schreiben mit Stift und Papier so guttut, habe ich Vanessa Beyer, Schreibmentorin und Texterin aus Leipzig und begeisterte Reiterin, gefragt.

    Liebe Vanessa, wir haben uns ja zufällig übers Internet „kennengelernt“ und dann entdeckt, dass wir beide Pferde und das Reiten lieben und sogar Hunde derselben Rasse haben …

    Wie bist du zu den Pferden gekommen? Was fasziniert dich so an diesen Tieren?

    Oh, daran kann ich mich noch gut erinnern: Als ich noch klein war, haben meine Eltern mit mir Urlaub auf einem Bauernhof gemacht und bei einem Ausritt sind die Pferde durchgegangen. Zum Glück ist nichts passiert. Danach meinte ich, dass ich gerne Reiten lernen möchte. Zurück zuhause hatte ich meine erste Reitstunde, die allerdings nicht lang ging, weil ich so viel Angst hatte. Meine Reitlehrerin meinte damals, dass sie aus mir eine Reitmaus macht – und nun sitze ich schon seit über 20 Jahren im Sattel.

    Zu meinem 12. Geburtstag stand dann mit einer großen roten Schleife um den Hals mein Pferd Cody in der Box. Cody war damals 6 Jahre alt und wenn ich nach rechts gehen wollte, ist er prinzipiell nach links gelaufen. Bei unserem ersten Turnier wurden wir in allen Prüfungen disqualifiziert, aber wir haben uns zusammengerauft und erritten uns u. a. fünf Europameistertitel. Heute genießen wir zusammen Codys Rentnerleben, und ich bin sehr dankbar, dass er mit seinen 24 Jahren noch so fit ist. 

    Cody lehrte mir in all der Zeit – und das finde ich an diesen Tieren so faszinierend – was Geduld, Ehrgeiz und Vertrauen wirklich bedeuten. 

    Vanessa und Cody waren sehr erfolgreich im Westernreitsport unterwegs. Sie gewannen u. a. fünf Europameistertitel!

    Magst du meinen Leserinnen und Lesern kurz erzählen, was du neben Reiten und Gassigehen mit dem Hund sonst noch machst?

    Ich verbringe gerne Zeit mit meinen Herzensmenschen, interessiere mich für mentale und emotionale Gesundheit und mache regelmäßig Sport. Außerdem ist meine Arbeit ein wichtiger und schöner Bestandteil meines Alltags. 

    Du bist Schreibmentorin. Was kann man sich darunter vorstellen? Wobei hilfst du Menschen?

    Als Schreibmentorin begleite ich Menschen dabei, ihre Gedanken, Gefühle und Geschichten in Worte zu fassen. 

    Zum einen im beruflichen Kontext, indem wir zusammen Konzepte und Texte für die Brand Story, Websites, Blogs, Kurse oder Bücher kreieren. 

    Und zum anderen auch für das Persönliche, denn wenn wir regelmäßig für uns selbst schreiben und dabei unsere innere Stimme wahrnehmen, können wir uns mehr Klarheit, Struktur, Selbstbewusstsein, Vertrauen, Leichtigkeit und Freude im Alltag und im Leben schenken.

    Gab es auch schon Kundinnen oder Kunden von dir, die dich gebeten haben, ihnen mit ihren Texten zu einem speziellen Thema im Pferdesport zu helfen?

    Nein, das gab es bisher leider noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Spontan finde ich zum Beispiel die Idee prima, ein Journal für Pferdebesitzer zu kreieren, in dem es darum geht, sich selbst als Reiter und die Verbindung zum Pferd mental und emotional zu stärken.

    Tagebuch bzw. Pferdetagebuch zu schreiben hilft beim Lernen

    In meinem Online-Kurs Relax and Ride bitte ich meine Teilnehmerinnen darum, zu jedem Modul ein Erfolgstagebuch bzw. Pferdetagebuch zu schreiben. Was sind die Vorteile, wenn man Erlebtes und zu Lernendes aufschreibt?

    Beim Schreiben bringen wir unsere Gedanken, Gefühle und Geschichten aufs Papier. Sie verfliegen dann nicht so schnell wie das gesprochene Wort und stehen Schwarz auf Weiß vor uns. Journaling hilft uns, bestimmte Muster zu erkennen, beispielsweise in unseren Gedanken, Entscheidungen und Handlungen. Im Alltag verlaufen diese Prozesse ja meistens automatisch, also ohne, dass wir viel darüber nachdenken, und so können wir wieder mehr Bewusstsein in unser Leben bringen. 

    Als Pferdebesitzer können wir uns zum Beispiel mal fragen:

    • Wie möchte ich als Pferdebesitzer eigentlich sein? Worauf lege ich persönlich Wert und wie kann ich meinem Pferd ein wundervolles Leben ermöglichen?
    • In welchen Situationen kommen wir immer wieder ins Hadern? Woran könnte das liegen? Wie kann ich mein Pferd und mich in diesen Situationen mit mehr Leichtigkeit unterstützen?
    • Wobei könnte es beim Training Schwierigkeiten geben und wie geht die bewusste, geduldige und liebevollste Version von mir damit um?
    • Was habe ich heute über mich gelernt? Was habe ich heute über mein Pferd gelernt? Welche Erkenntnisse nehme ich mir davon mit?

    Statt also oft einfach nur zu reagieren, hilft uns das regelmäßige Schreiben dabei, unsere Mensch-Pferd-Beziehung klarer, fokussierter, einfühlsamer und vertrauensvoller zu gestalten.

    Wenn du dich für meinen Online-Kurs Relax and Ride interessierst, melde dich für meine E-Mail-Liste an. So bist du immer top informiert, wann der Kurs wieder gebucht werden kann. Zudem erhältst regelmäßig Inspirationen, Tipps und Praxisvideos!

    Vanessa Beyer Journaling
    Durch das führen eines Pferdetagebuchs können wir das hektische Außen mal leiser drehen und im Innen wieder Ruhe finden, was uns auch im Umgang mit dem Pferd entspannter macht.

    Was früher Tagebuchschreiben war, heißt jetzt Journaling

    Ein Pferdetagebuch zu führen bekommt rasch das Etikett „altmodisch und kindisch“. Warum empfiehlst du, es dennoch zu tun?

    Gerade als Erwachsene haben wir einen recht schnellen und getakteten Alltag mit Terminen, Verpflichtungen und Erwartungen. Beim Schreiben können wir das Außen mit all dem Trubel mal wieder leiser drehen und unsere innere Stimme wahrnehmen. Wir können mit uns selbst ins Gespräch gehen und wieder bewusster mit unseren Wünschen und Bedürfnissen verbinden. 

    Das Schreiben mit der Hand ist außerdem wissenschaftlich nachgewiesen ein wundervolles Tool, um unsere Gedanken zu entschleunigen. Wenn wir zur Ruhe kommen, entspannen sich auch unsere Muskeln, der Blutdruck senkt sich und der Herzschlag wird reguliert. Wenn wir regelmäßig schreiben, kann das einen positiven Effekt bei Stress, innerer Anspannung und Unruhe, Schlafproblemen, Ängsten, bei bei der Stärkung des Immunsystems, Konzentration und Erinnerungsvermögen sein.

    So wie wir im Stall einfach mal abschalten können und danach alle Probleme plötzlich kleiner sind, ist auch das Journaling eine wohltuende Möglichkeit, wieder mehr bei uns selbst anzukommen.

    Pferdetagebuch in Kombination mit einer Achtsamkeitspraxis

    Eine schöne Art, „Journaling“ zu betreiben, ist das Reflektieren über den Tag und eine Art Achtsamkeits- oder Dankbarkeitspraxis einzuführen.

    Welche Tipps kannst du meinen Leserinnen geben, wenn sie darüber nachdenken, mit dem Pferdetagebuchschreiben oder dem Journaling anzufangen?

    Häufig hören wir, dass wir unbedingt täglich schreiben müssten, dass morgens der perfekte Zeitpunkt ist und dass wir mindestens fünf Dinge aufs Papier bringen müssten, wofür wir dankbar sind. 

    Ich finde, das Journaling sollte immer zur aktuellen Lebensphase passen. Frag dich daher am besten: Was brauchst du gerade? Was wünschst du dir von deiner Journaling Routine? Was ist wirklich realistisch? Und wie kannst du dich selbst dabei unterstützen, wirklich regelmäßig zu schreiben? 

    Fang zum Beispiel ganz entspannt damit an, dass du dir ein Wort, einen Satz bzw. eine Frage notierst, die dich durch den Tag begleitet und dass du sie näher beschreibst. Oder frage dich, wie du dich gerade fühlst, wie du dich fühlen möchtest und was du dafür tun kannst, um diese Gefühle in deinen Tag zu bringen.

    Je mehr du schreibst, desto mehr verbindest du dich mit deiner inneren Stimme und nimmst bewusster wahr, was du brauchst und was dir guttut.

     

    Vanessa Beyer Pferdetagebuch

    Wer ist Vanessa Beyer?

    Vanessa Beyer ist selbstständige Schreib-Mentorin und Texterin. Sie begleitet Menschen dabei, ihre Gedanken, Gefühle und Geschichten in Worte zu fassen. In ihrem Newsletter Liebe Seele… berichtet sie jeden Sonntag von ihren eigenen Erfahrungen, Emotionen und Erkenntnissen. Im Liebe Seele…-Club lädt sie außerdem mit gezielten Vorlagen und live Journaling Sessions Menschen dazu ein, selbst regelmäßig den Stift und somit ihr Leben in die Hand zu nehmen. Ihre Feel Good-Manager sind dabei ihr 24-jähriger Paint Horse Cody und ihr
    11-jähriger Australian Cattle Dog Paul.

    https://liebeseele-impulse.de 

    https://liebeseele-impulse.de/newsletter/ 

    https://liebeseele-impulse.de/club

    https://www.instagram.com/vanessa_liebeseele/

  • Wie du die Macht deiner Weiblichkeit im Pferdetraining nutzen kannst

    Wer von uns Pferdefrauen kennt es nicht? In den Tagen vor den Tagen sollte dich keiner in der Stallgasse schief ansehen, es könnte ein Wutausbruch folgen. Während den Tagen reagierst du rasch emotional und fühlst dich ziemlich neben der Spur (von möglichen Regelschmerzen mal ganz abgesehen). Und dann sind da noch die Tage nach den Tagen, wo wieder alles Friede, Freude, Eierkuchen ist und du am liebsten die ganze Welt umarmen möchtest.

    Der weibliche Zyklus und das damit einhergehende Hormonchaos mit all seinen Ups and Downs hält uns Pferdefrauen ganz schön auf Trab.

    In diesem Blogbeitrag möchte ich darauf eingehen, wie du dieses Chaos in deinen Emotionen, deiner Gefühlswelt und deinem Körper durch Achtsamkeit wieder in den Griff bekommst und wie du die Macht der Weiblichkeit im Pferdetraining nutzen kannst.

    Frauen und „ihre Tage“ - unnötig aufgebauschtes Thema?

    Manche denken sich jetzt vielleicht: „Wieso bauscht Melanie denn dieses Thema so unnötig auf? Ich nehme die Pille … und die monatliche Blutung? Ein paar Tage bluten – na und?“

    Dazu kann ich dir sagen: Auch diese „Wurschtigkeit“ gegenüber den Tagen und dem weiblichen Zyklus kenne ich. Lange genug habe ich die Pille genommen und die paar Tage im Monate Bluten haben mich genau null und gar nicht aus der (Reit-)Bahn geworfen. Ich habe sie körperlich nicht mal gespürt. Kein Ziepen, kein Zerren im Unterleib gar nix.

    Was ich aber sehr wohl gespürt habe, war, dass ich an ein paar Tagen im Monat leicht reizbar war – und mich auch dementsprechend vermehrt mit Schokolade oder sonstigem Essen selbst besänftigen musste ;). In dieser Zeit konnte es passieren, dass mein Pferd schon mal einen unsanften Klaps bekommen hat, wenn es mir mal unsanft zu nahe kam, mich anrempelte oder sonst in meinen Augen „unachtsam“ war.

    Tabuthema Weiblichkeit: „Ist die wieder zickig - die hat sicher ihre Tage ...“

    Kennst du diese Tage? Wo dir gefühlt ständig eine Laus über die Leber läuft und dir sowieso jeder Mensch massiv auf den Wecker geht?

    Ich kenne diese Tage zuhauf. Als junges, ehrgeiziges Pferdemädchen musste an solchen Tagen mein Pferd meine Launen meist ausbaden. Da wurde härter trainiert, die eine Lektion vier bis fünf Mal öfter geritten, bis sie auch wirklich saß (obwohl sie das nie tat, weil meine Konzentration und Kraft und auch die meines Pferdes dahingeschmolzen war). Und da war man auch mal wenig zimperlich mit seinem Pferd: „Das muss er halt aushalten.“

    Ja, da war ich noch jung.

    Solche Tage gibt’s aber leider immer noch. Nur bin ich jetzt älter und (ein klein wenig) schlauer 😉

    An solchen Tagen gehe ich meinen Mitmenschen, wenn möglich, bewusst aus dem Weg. Und bin da dann lieber allein im Stall, sage Verabredungen zu Ausritten ab und – das habe ich über die Jahre gelernt! – bin nachsichtig mit mir und meinem Pferd.

    Opfer der weiblichen Hormone?

    Wenn der weibliche Zyklus uns Frauen „in seinen Klauen“ hält, um es mal ganz dramatisch auszusprechen, dann ist unser Organismus grad mit etwas sehr wichtigem Organischem in unserem Inneren beschäftigt.

    Wer die Pille abgesetzt hat (oder sie erst gar nie genommen hat), wird bemerkt haben, dass nach einer Phase des Chaos im Körper sich der Organismus einen schönen, fast auf den Tag genauen Rhythmus angewöhnt hat. Das macht es uns Frauen leicht, dementsprechend die Tage „rund um die Tage“ besser zu planen.

    So kannst du deine Pläne mit deinem Pferd auch entsprechend anpassen. So würde ich zum Beispiel meinem Pferd keine neuen Lektionen lernen oder anspruchsvolle Ausflüge (längere Ausritte, Auswärtstraining) zumuten, wenn ich merke, dass sich meine Tage ankündigen: Da bin ich psychisch immer sehr angeschlagen: Die kleinste Unregelmäßigkeit in meinem Alltag bringt mich aus dem Tritt, ich explodiere schnell und beschuldige meine Mitmenschen der Unachtsamkeit in läppisch sinnlosen Dingen. Und das sind dann genau diese Tage, wo ich mir oft im Nachhinein denke: Was bist du doch für ein unsensibler Trampel, warum bist du auch immer so grantig und zickig? Dieses Feedback bekomme ich dann auch oft von meinem Vater oder meinem Freund 😉

    Während der Menstruation, wo es mir während der ersten ein – bis manchmal sogar drei (!) – Tage wirklich schlecht geht, weiß ich, dass ich mit meinem Pferden nichts Großes anzustellen brauche. Da lass ich meine Pferde Pferde sein und gönne ihnen lieber eine Stunde länger Weide oder gehe mit ihnen nur spazieren. Ich bin da so mit mir selbst beschäftigt und muss mich um meinen Körper kümmern, dass ich keine Energie mehr habe, mich um meine Pferde in der Art und Weise zu kümmern, die mir sonst wichtig ist.

    Vielen denken sich jetzt vielleicht: Aber du hast doch Verantwortung für deine Pferde übernommen, bei gutem Wetter, bei schlechtem Wetter und auch wenn du krank bist oder es dir schlecht geht. Natürlich tue ich das. Ich tue für meine Pferde, meinen Stall und überhaupt für all meine Tiere alles. Aber es steht auch in meiner Verantwortung, dass ich mich um deren Seelenwohl kümmere und dazu gehört auch, dass ich mich dafür um MEIN Seelenwohl kümmere und ihnen eben NICHT meine schlechte Laune aufbürde und sie MICH aushalten müssen. Das würde auf Dauer unsere Beziehung negativ beeinflussen.

    Wie kannst du jetzt aber deine Weiblichkeit im Pferdetraining zur Macht werden lassen und sie nutzen?

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    Die eigene Weiblichkeit durch mehr Achtsamkeit zur Macht werden lassen

    1. Akzeptiere deine Weiblichkeit, nimm sie an, wie sie ist

    Klingt nach einer furchtbaren Floskel, aber: Du kannst es eh nicht ändern! Erst wenn du akzeptierst, dass das zur Natur von uns Frauen gehört, kannst du dich darauf einstellen, dich annehmen, wie du eben bist, wenn du in der Phase vor, während und nach den Tagen bist. Auch wenn dann dazugehört, dass du halt mal mies drauf bist, wegen nichts einen Heulkrampf bekommst oder die ganze Welt wegen nichts vor lauter Liebe umarmen könntest.

    2. Entschuldige dich nicht dafür, dass du „deine Tage“ hast und mal wieder „zickig“ bist. So kannst du bei dir bleiben statt dich von außen beeinflussen zu lassen

    Versuche trotzdem ein wenig Nachsicht zu haben mit deinem Umfeld: Deine Mitmenschen sollten dich schon noch aushalten können  Wenn jemand nachfragt, warum du denn „schon wieder so zickig“ bist, dann versuchs mal mit der Wahrheit: „Ich habe gerade meine Tage und fühle mich nicht wohl. Ich bitte um dein Verständnis, dass ich aktuell gerade nicht so belastbar und emotional durch den Wind bin.“ Ich bin mir sicher, dass du nur Verständnis von deinem Gegenüber bekommen wirst.

    3. Sei gütig mit den Stuten dieser Welt

    Immer dann, wenn du das Gefühl hast, deine Stute arbeitet heute mal wieder nur gegen dich: Vielleicht hat sie auch nur „ihre Tage“ und fühlt sich partout nicht wohl in ihrem Körper. Wie ein schief hängender Hormonhaushalt Stuten aus dem Konzept bringen kann, verrät dir Google: Einfach mal nach „Dauerrosse bei Stuten“ oder „Gebärmutterzysten bei Stuten“ suchen! Meine Menstruation ist mittlerweile (ich bin ja auch nicht mehr die Jüngste) in den ersten ein, zwei (manchmal sogar drei) Tagen derart schlimm, dass ich ohne Schmerztablette nicht durch den Tag komme und mich mehrmals am Tag vor lauter Bauchkrämpfen ins Bett legen muss und mich mit Jin Shin Jyutsu und Wärmflasche grad und grad durch den Tag kämpfe …). Wenn meine zwei Stuten nur annähernd solche Schmerzen haben wie ich, wenn sie rossig sind, wundert es mich nicht, wenn sie an manchen Tagen im Jahr keine Leistung bringen, schlecht gelaunt sind und „neben der Spur sind“.

    4. Wenn du gerade in dieser Phase deiner Weiblichkeit bist, in der du dich klein, ungesehen und depressiv-melancholisch fühlst, plane keine Bäume auszureißen oder besondere Projekte anzugehen.

    Tritt kürzer, achte gut auf dich und berücksichtige, dass du während deiner Tage weniger belastbar bist als sonst. So beugst du sinnlosen Wutausbrüchen, emotionalen Streitereien und hilflosen Heulkrämpfen vor, die nachhaltig die Beziehung nicht nur zu deinem Pferd, sondern auch zu deinen Mitmenschen beeinträchtigen.

    Probiere mal aus, ob du an diesen besonderen Tagen im Monat mit deinem Pferd auch einfach mal nur NICHTS tun kannst: nur spazieren gehen, nur grasen, nur Wellness unterm Solarium, nur ein paar TTouches, nur Mash füttern und nur liebhaben. Und lass dir eins von mir versichern: Du bist deshalb keine schlechte Pferdebesitzerin! Du musst nämlich gar nichts, außer sein: Und nachdem du das mit dem „Frau sein“ gut über die Bühne gebracht hast, kannst du wieder die verantwortungsvollste, kompetenteste, beste Pferdebesitzerin der Welt sein

    5. Nutz deine Weiblichkeit dazu, auch die weiblichen Seiten im Pferdetraining hervorzuheben und zu pflegen

    Damit meine ich, deine Sanftheit, deine Fürsorglichkeit und deine Liebe auch zu zelebrieren. Also die speziell weiblichen Anteile am Pferdetraining. Was meine ich damit konkret?

    Probier zum Beispiel einmal aus, mit welch sanften Gesten du dein Pferd bewegen kannst (im Sattel und am Boden). Kannst du deine Hilfen derart verfeinern, dass du das Gefühl hast, dass du nur daran gedacht hast?

    Ein paar Ideen zum Thema Sanftheit findest du auch in meiner aktuellen „Inspiration für die neue Woche“:

    Hier lang zur Inspiration für die neue Woche zum Thema „Sanftheit“

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    Die Macht der Weiblichkeit durch Achtsamkeit nutzen

    In den Tagen im Monat, in denen du dich unsterblich, kraftvoll und kompetent fühlst: Geh schwierige Themen mit deinem Pferd an. Übe zum Beispiel einen ruhigen Spaziergang, wenn du ein eher hektisch-nervöses Pferd hast und übe dich im Managen von stressigen Situationen. Übe schwierige Lektionen im Sattel, probiere eine neue Lektion aus usw.

    Hingegen tritt kürzer und leiser, wenn du dich in dieser Phase deiner Weiblichkeit befindest, wo du dich lieber in dein Schneckenhaus zurückziehen möchtest: Umsorge dein Pferd dann liebevoll, aber hör auch auf dich. Tu das, was sich gut für DICH anfühlt, nicht was dir irgendjemand im Stall einreden möchte, was jetzt gut für dein Pferd wäre. Alles, was du mit deinem Pferd machst, ist immer nur so gut, wie du dich selbst dabei fühlst!

    Lebe deine fürsorgliche Ader und deine überbordende Liebe während des weiblichen Zyklus zu 100 Prozent aus: Lobe dein Pferd überschwänglich, übertreib ruhig mal, verwöhne dein Pferd nach Strich und Faden. Stell dir die Beziehung zu deinem Pferd wie ein Konto vor: Je mehr du an solchen Tagen auf euer gemeinsames Beziehungskonto einzahlst, also dein HABEN füllst, desto weniger schwer fällt es ins Gewicht, wenn du an den anderen Tagen in deinem weiblichen Zyklus mal schlecht darauf bist und du auch mal etwas vom Konto abhebst, dir also mal etwas nicht gelingt oder du emotional unsensibel mit deinem Pferd umgehst.

     

    Ich hoffe, diese Tipps können dir helfen, die Macht deiner Weiblichkeit im Umgang mit deinem Pferd kraftvoll zu nutzen – und so auch die Beziehung zu deinem Pferd auf ein neues Level zu heben. Nämlich das der Intuition, des Zuhörens, der Sanftheit und der Liebe – alles Kompetenzen, die der weiblichen Seite in uns Menschen zugeschrieben werden 😉

  • 3 völlig unterschätzte Stressanzeichen bei Pferden

    Pfuh, da wird einem ganz hübsch warm in der Stalljacke, wenn plötzlich dieses 650 Kilo schwere Centolino-Pferdchen neben mir hektisch wird: Mit seinen eh schon 1,70 Meter Stockmaß verliere ich da schnell mal die Kontrolle, wenn er seinen wuchtigen Kopf – trotz seines kurzen Halses – bis in den Himmel reckt. Da hänge ich am Strick wie eine kleine Fliege …

    Kennst du dieses Gefühl? Vielen Pferdemenschen kommen diese Gefühle von Unsicherheit, Angst und Hilflosigkeit sehr bekannt vor.

    Wie kann ich in dieser unübersichtlichen Situation jetzt aber rasch wieder die Kontrolle übernehmen, damit die Situation nicht eskaliert und irgendetwas passiert – weder mir noch dem Pferd?

    Agieren ist besser als reagieren, so meine ich. Dieser Stress bei Pferden ist nämlich vermeidbar! Zuallererst durch pferdegerechte Haltung, Fütterung und Bewegung. Stimmen diese Komponenten ist schon mal ein großer Anteil an möglichen Stressauslösern ausgemerzt. Aber das setze ich als selbstverständlich voraus. Auch meine Pferde haben hin und wieder Stress, obwohl sie die bestmögliche Haltung und Fütterung bekommen.

    Dass Stress bei Pferden eskaliert, ist vermeidbar, wenn wir lernen, bereits auf klitzekleine, subtile Anzeichen von Stress korrekt zu reagieren. Nämlich bereits dann, wenn das Pferd nur als Erstes alarmiert und unsicher ist. Erst wenn dieser Alarmzustand weiter ignoriert wird und nicht adäquat reagiert wird, schaukelt sich im Pferd die Unsicherheit auf und kann bis zu – im schlimmsten Fall – Panik und kopflosem Verhalten führen.

    Typische, bekannte Stressanzeichen bei Pferden

    Sind diese Stressanzeichen bei Pferden sichtbar, ist der Stresslevel bereit sehr hoch: Innerlich hat das Pferd bereits seinen gesamten Körper auf den Flucht- oder Kampfmodus umgestellt: Der Körper ist voll mit Adrenalin, das Herz pumpt vermehrt Blut, die Muskeln sind angespannt, alle Sinne sind hochaufmerksam auf die Umgebung gerichtet (Augen aufgerissen, Nüstern gebläht etc.).

    Bevor es zu diesen ganz offensichtlichen Stressanzeichen bei Pferden kommt, zeigt ein Pferd bereits mit ganz subtilen und kaum sichtbaren Anzeichen, dass es sich gerade nicht wohl- und vor allem nicht sicher fühlt.

    Natürlich muss nicht immer jedes kleinste Wimpernzucken eines Pferdes im Anschluss eine hysterisch überbordene Reaktion zur Folge haben. Aber übersehen wir immer öfter solche dezenten Hinweise auf Stress, wird sich das Pferd immer öfter in hektische und nervöse Reaktionen retten – da es gelernt hat, dass es nur so eine Reaktion des Menschen hervorrufen kann.

    Deshalb ist es so wichtig, die Körpersprache der Pferde sehr genau zu lernen und sich viele verschiedene Pferde anzusehen und mit ihnen zu arbeiten – und sei es nur ein gemeinsamer Spaziergang. Über die unterschiedlichen Reaktionen von unterschiedlichen Pferden auf die gleichen Angstauslöser können wir sehr viel lernen.

    Während das eine Pferd beim Auffliegen eines Plastiksackerls im Wind hysterisch zur Seite springt und am liebsten umdreht und weggaloppiert, bleibt das eine stocksteif stehen und rührt sich keinen Millimeter mehr – mit weit aufgerissenen Augen und steinharter Muskulatur. Alles bis zur Explosion angespannt.

    3 subtile und völlig unterschätzte Stressanzeichen bei Pferden geben aber schon recht früh Aufschluss darüber, dass etwas nicht stimmt. Auf diese sollte man unbedingt reagieren bzw. zumindest seine Aufmerksamkeit auf mögliche auslösende Stressfaktoren ausrichten.

    Die 3 am häufigsten unterschätzten, subtilen Stressanzeichen von Pferden sind folgende:

     

    1. unterschätztes Stressanzeichen: "Totenstarre"

    Stressanzeichen Totenstarre

    Stehen bedeutet nicht gleich Stehen. Steht ein Pferd zum Beispiel vor einem Hänger wie angewurzelt und lässt sich nicht mehr vor- oder zurückbewegen, wird es schnell als „sturer Bock, der keine Lust auf Hängerfahren hat“, abgestempelt.

    Stehen bleiben und wie in „Totenstarre“ völlig unbeweglich zu bleiben, ist je nach Pferdetyp ein sehr individueller Ausdruck von Stress. Viele Pferdemenschen verbinden mit einem gestressten, hektisch-nervösen Pferd immer ein Pferd mit fliegenden Hufen, das hysterisch herumrennt und -schreit. Je nach Pferdetyp (vor allem die introvertrierten, schüchternen) kann aber auch genau das Gegenteil ein Ausdruck von Stress und höchster Anspannung sein.

    Diese Pferde ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück, machen „die Schotten dicht“ und kapseln sich völlig von den Außenreizen ab, um irgendwie den für sie viel zu hohen Druck und Stress noch aushalten zu können.

    Meist sind solche Pferde nicht, wie man denken könnte, in diesem Stehen und Abschalten entspannt. Ganz im Gegenteil: Sie sind höchst gestresst, können die vielen Stressreize nicht mehr verarbeiten und schalten deshalb ihr körperliches System ab, um sich psychisch zurückziehen zu können.

    Da diese Pferde in dieser Situation nicht mehr ansprechbar sind, macht es keinen Sinn, mit ihnen in diesem Zustand weiterzuarbeiten. Es braucht ein wenig Übung und Erfahrung, diesen Zustand der „Totenstarre“ von „normalem“ Stehenbleiben zu unterscheiden. Am meisten geraten meiner Erfahrung nach Pferde in diesen Zustand der Totenstarre, wenn sie vor dem Hänger oder anderen Engpässen stehen (dunkle, enge Stallgasse, Untersuchungsstand in Klinken etc.).

    2. unterschätztes Stressanzeichen: angespanntes Kinn

    Stressanzeichen Kinn

    Dieses unterschätzte, sehr subtile Stressanzeichen bei Pferden sieht man am meisten am Putzplatz. Viele Pferde wissen, dass sie am Putzplatz stillzustehen und das Putzen über sich ergehen zu lassen haben.

    Wusstest du übrigens, dass die Hälfte aller Pferde es hasst, geputzt zu werden? Lies dazu mehr in meinem Blogbeitrag: Schockierende Studie: Die Hälfte aller Pferde hasst Putzen

    So traurig das klingt. Ein klares Signal wie ein Ohrenanlegen oder mal ein vorsichtiges Schütteln des Kopfes oder gar ein Schnappen, wenn die harte Bürste am Bauch doch mal wehtut, ist nicht erwünscht. Viele Pferde halten das Putzen deshalb aus und hoffen, dass es rasch vorbeigeht. Was man dann aber dennoch sieht, ist ein enges, kleines Auge – und das angespannte Kinn. Meist ist das Kinn derart angespannt, dass sich die Unterlippe klar absetzt. Das Kinn ist steinhart angespannt, und es bilden sich zahlreiche Falten.

    Bereits auf dieses subtile, feine Stressanzeichen zu reagieren, lässt viele Pferde tief seufzen und freundlicher blicken.

    Ich putze meine Pferde manchmal gar nicht, wenn ich merke, dass sie wirklich schlecht drauf sind und herumgifteln. Ich MUSS mit meinen Pferden gar nichts, ich möchte, dass sie Spaß an der Zeit und Arbeit mit mir haben. Merke ich bereits beim Putzen, dass der Haussegen schiefhängt, das Kinn bretthart angespannt ist und sogar die Ohren angelegt werden, sobald ich mit der Bürste putzen will, höre ich ganz genau hin …

    Wenn es ganz schlimm ist (und das ist grad bei meinen sehr rückenempfindlichen Stuten jetzt im Winter bei nasskaltem Wetter öfter so), dann höre ich auf zu putzen und mache ein Alternativprogramm. Also spazierengehen oder longieren statt reiten, das geht auch ohne Putzen 😉

    Übergehe ich diese Anzeichen, provoziere ich in Folge eine steinharte Muskulatur, was für das Reiten im Anschluss höchst gefährlich ist, weil dadurch auf Dauer auch vermehrt die Gelenke verschleißen (und Arthrose droht). Ganz zu schweigen von den psychischen Auswirkungen, wenn ich andauernd über die Stressanzeichen und Wünsche des Pferdes hinweggehe …

    Wichtig ist auch, auf solche subtilen Signale bei Pferden zu achten, die Probleme beim Gurten und Satteln haben. Mehr zum Thema Gurtzwang kannst du hier nachlesen: Pferde mit Gurtzwang: 5 Tipps, um Gurtzwang zu beheben

    3. unterschätztes Stressanzeichen: Schnappen

    Wenn Pferde beginnen, nach dem Menschen zu schnappen, hört der Spaß auf. Denn keiner will die Zähne des Pferdes spüren, wenn sie zubeißen. Deshalb gibts bei vorsichtigem Schnappen mit den Lippen meist schon gleich eine klare Ansage, um jedes weitere Schnappen oder gar Beißen im Keim zu ersticken.

    Schnappt ein Pferd allerdings nach mir, weiß ich zu 100 Prozent, dass ich vorangegangene „leisere“ Hinweise auf Stress, Unbehagen und Schmerzen übergangen habe. Deshalb versuche ich auf Schnappen meist gar nicht zu reagieren, sondern mein Verhalten vor dem Schnappen nochmal zu reflektieren und zu analysieren. Meist komme ich dann recht schnell zum Schluss, dass ich andere drohende Signale übersehen habe 🙁

    Schnappt das Pferd allerdings wiederholt, muss man genauer hinhören und hinschauen: Pferde, die immer wieder mal schnappen und dabei vielleicht nur die Kleidung des Menschen erwischen, also nicht bewusst mit den Zähnen zubeißen, wollen sich meist ausdrücken und ihr Befinden kommunizieren.

    Genauso wie Pferde höchst individuell auf Stress mit Totenstarre reagieren, gibt es Pferde, die bei Stress sich mit dem Maul ausdrücken, d. h. etwas mit ihrem Maul machen müssen. Das kann – harmlos – das Zähneschleifen an den Gitterstäben am Putzplatz sein oder das Kauen auf dem Anbindestrick. Beim Führen fehlen aber diese „Blitzableiter“ und das Pferd beginnt zu schnappen. Es weiß sich in seinem Stress nur zu helfen, indem es sein Maul verwendet – und das ist dann eben das Schnappen.

    Meine vier Pferde zeigen höchst individuelles Stressverhalten:

    Cento ist mit seinem großen, fleischigen Maul sehr oral fixiert. In Stresssituationen beginnt er zu schnappen. Bei einem Tellington-Kurs auf meinem Hof brachte ihn nur allein die Anwesenheit der ihm unbekannten Teilnehmerinnen derart in Stress, dass er beim Führen auf unserem Sandplatz ständig nach mir schnappte – das hatte er so gut wie nie mehr gemacht! Im ersten Moment war mir das sehr unangenehm vor den Kursteilnehmern. Im Nachgang des Kurses habe ich seine Reaktion nochmals reflektiert und habe erkannt, dass das sein Ausdruck von höchstem Stress war!

    Mein Senior Ronnie war früher im Gelände ein derartiges Nervenbündel, dass er heimwärts nur mehr piaffieren oder im passartigen Laufschritt nach Hause gerannt ist. Galopp in Richtung Stall war immer gestreckter Renngalopp. Was anderes kannte er nicht. Seine Art, auf Stress zu reagieren, war der Fluchtmodus.

    Iman ist zwar ein sehr menschenbezogenes, höchst liebevolles Pferd, in Stresssituationen neigt sie aber zu Totenstarre. Vor dem Hänger blieb sie lange Zeit stocksteif stehen. Wir hatten dann auf einem Tellington-Kurs alles ausprobiert, um sie wieder in ihren Körper zurückzuholen. Nur so konnten wir sie auf den Hänger verladen. Sie war in einer völlig anderen Welt. Mittlerweile weiß ich, wie ich sie rechtzeitig aus ihrer Totenstarre herausbekomme, sodass sie gar nicht erst in diesen tiefen Zustand der größten Hilflosigkeit kommt.

    Indira reagiert bei Stress mit massivem Muskelzittern (am Hänger) oder mit Strickknabbern (am Putzplatz).

    So individuell jedes Pferd ist, so unterschiedlich sind auch die Stressanzeichen bei Pferden. Diese 3 genannten  Stressanzeichen sind die am meisten unterschätzten und werden oft als Boshaftigkeit oder Sturheit ausgelegt oder meist gar nicht erst wahrgenommen.

     

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  • Darüber spricht kein Pferdemensch gern

    Wir Pferdemenschen sprechen über eine Sache im Umgang mit unseren Pferden sehr ungern, weil sie sehr persönlich und intim ist: Unsicherheit im Umgang mit dem Pferd. Es ist die Unsicherheit, das unterschwellig ungute Gefühl in gewissen Situationen, denen wir uns nicht gewachsen fühlen. Dieses Gefühl der Unsicherheit ist oft nicht klar mit Worten zu fassen, sondern ist einfach so ein unklares Gefühl, das sich eher in unserem Verhalten, unserem Körper verorten lässt. Wenn wir dieses Gefühl der Unsicherheit aber über längere Dauer übergehen, es überhören, passiert es nicht allzu selten, dass wir sagen: „Mist, hätte ich doch auf meine Gefühl gehört …“
    Ich kenne dieses Gefühl. Früher, als ich noch jung war, spürte ich das kaum. Ich war jung, unkaputtbar und mutiger. Mit dem Alter (ja, die Jüngste bin ich auch nicht mehr … haha!) meldet sich dieses Gefühl der Unsicherheit öfter – und vor allem lauter!
    Ja, das passiert auch mir als Reit- und Pferdetrainerin, die anderen vermitteln möchte, wie man mit nervösen, gestressten, schwierigen Pferden auf und neben dem Sattel umgeht. Ich habe verstanden, dass ich deswegen keine schlechtere Trainerin und Reitlehrerin bin. Ganz im Gegenteil, dadurch dass ich genau weiß, wie sich viele Schülerinnen von mir fühlen, kann ich viel besser auf sie eingehen und ihre Wünsche, aber vor allem auch Ängste und Sorgen in etwas Positives umdrehen.
    In diesem Blogbeitrag möchte ich dir ein paar Strategien an die Hand geben, wenn du ab und zu – so wie wahrscheinlich jeder Pferdemensch in seinem Leben – mit Ängsten und Unsicherheit im Umgang mit diesen so sanften, aber manchmal eben auch unberechenbaren Tieren zu tun hast.

    Unsicherheit im Umgang mit Pferden

    Das Gefühl der Unsicherheit ist zuallererst einmal eines: beunruhigend. Man liebt doch sein Pferd, man liebt den Umgang mit ihm. Und doch ist da ab und zu dieses Gefühl, dass man dieser einen Situation nicht ganz gewachsen ist.

    Zum Beispiel beim Ausritt die eine Situation mit den herumbuckelnden Kälbern oder die Situation beim Spaziergang, wenn sich das Pferd erschreckt und man merkt, dass man die Situation nicht mehr im Griff hat und sich das Pferd gleich losreißt. Oder am Reitplatz, wenn sich das Pferd wegen der einen Gruselecke immer heftiger aufschaukelt und man gefühlt auf einem Feuerstuhl sitzt …

    Diese Situationen gibt es zuhauf. Und ja, sie sind unangenehm, lassen einen heftigen Schub Adrenalin in uns hochsteigen, man beginnt zu schwitzen, schneller zu atmen.

    Am unangenehmsten aber ist das Gefühl der Hilflosigkeit: Ach du grüne Neune, was soll ich denn jetzt nur machen? Wie komme ich aus dieser Situation heil heraus? Was soll ich jetzt tun, damit sich mein Pferd verletzt?

    Die Verantwortung für so ein großes Tier wie ein Pferd ist in solchen Situationen oft überwältigend: Hilflosigkeit, die Unfähigkeit zu wohlüberlegt und angemessen zu handeln, Unsicherheit, die Angst, die falsche Entscheidung zu treffen, Angst vor den Konsequenzen, wenn die Situation nicht zu eskalieren droht.

    Das sind sehr unangenehme Gefühle und Emotionen, wenn es zu einer solchen Situation kommt.

    Jeder geht anders mit solchen Situationen um, ich kann dir hier keine allgemeingültige Formel nennen. Ich kann dir aber ein paar Anregungen an die Hand geben, die dir helfen können, ruhig und besonnen zu bleiben – wenn du bereit bist, dich in ein paar ruhigen Minuten mit dir selbst und deinen Gefühlen auseinanderzusetzen 😉 Achtung: Emotionsalarm! 😉

    In diesem Zusammenhang möchte ich dir auch meinenBlogbeitrag zum Thema Achtsamkeit ans Herz legen: Das Geheimrezept für eine intensivere Beziehung zu deinem Pferd

    "Ist das, was ich tue, gut genug?"

    Wir Reiterinnen vergleichen uns sehr gerne mit anderen: über Instagram und seinen Influencerinnen, über Facebook und Co, über Pferdezeitschriften und -magazine, über Bücher, beim Blick über die Reitplatzabsperrung zu den anderen Reiterinnen und Reiter.
    Wenn du dich ständig im Außen befindest und ich ständig mit anderen vergleichst, bleibt dein Inneres auf der Strecke. Du wirst dich immer mehr ungenügend, schwach und verbesserungswürdig fühlen. Denn die anderen können ja alles viel besser: Die eine kann besser reiten, die andere kann mit ihrem Pferd bereits an der Hand piaffieren, die andere geht schon aufs Turnier etc.
    Und schon fragst du dich: „Ist das, was ich tue, gut genug?“ Reicht es aus, wenn ich mit meinem Pferd „erst“ nur vom Boden aus arbeite, weil ich mich noch nicht sicher genug im Sattel fühle? Reicht es aus, dass ich mein Pferd aktuell nur im Schritt und Trab arbeite, weil ich das Gefühl habe, dass es im Galopp noch zu wenig ausbalanciert ist? Reicht es aus, dass … (und hier kannst du mal deine ehrlichen Gedanken einfügen …)?
     
    Die Orientierung an der Außenwelt bringt uns immer ins Vergleichen und Bewerten. Alles Dinge, die dich in deiner Unsicherheit nicht weiterbringen. Du wirst dich immer noch kleiner und unsicherer fühlen.
    Versuche stattdessen, bei dir zu bleiben. Dich auf deine Gefühle zu konzentrieren, mal den Blick nicht ständig auf die anderen am Reitplatz schweifen zu lassen. Stell dich dir und dein Pferd in einer großen Blase oder Bubbel vor. An der Außenhülle dieser Blase prallen alle Ablenkungen von außen ab.
    Ich habe mir das schon sehr früh angewöhnt. Deshalb reite ich am liebsten völlig alleine (wenn es denn möglich ist). Ich kann mich so zu 1.000 Prozent auf mein Pferd und mich konzentrieren, richtig ins Fühlen kommen – ohne mich auf ablenkende Fragen oder Kommentare konzentrieren zu müssen. Ich rede beim Reiten prinzipiell nicht. Ein paar leise Worte mit meinem Pferd, ansonsten aber bin ich ganz in meiner Blase. Im Gelände kann es dann ruhig mal gesprächiger zugehen. Da liebe ich es, mich mit Freundinnen auszutauschen.
    Versuche hier ein gutes Gleichgewicht zu finden: Wo möchtest du deine Ruhe haben, wo möchtest du für dich allein sein. Und wo können Austausch und Gespräche stattfinden. Versuche das klar zu trennen.
     
    Unsicherheit im Umgang mit dem Pferd

    Wie reagiere ich richtig in Situationen, die mich überfordern?

    Wenn überfordernde Situationen passieren, ist man schnell unsicher und tausend Fragen schwirren unbewusst im Kopf herum: Was mache ich jetzt? Was könnte passieren, wenn ich das und das tue? Was würde jetzt mein Reittrainer sagen? Wie komme ich heil aus dieser Situation?

    Die Antwort lautet: Zuallererst: Bleib ruhig – und vor allem atme!

    In hektischen, unübersichtlichen Situationen schaltet unser Organismus sehr rasch und ohne dass es uns bewusst wird, in den Notfallmodus: Wir atmen schneller, der Puls steigt, die Herzfrequenz steigt, die Blutgefäße weiten sich, wir beginnen zu schwitzen. Das alles läuft völlig automatisch ab, da kannst du gar nicht viel dagegen tun.

    Was du aber tun kannst, ist deine Atmung zu kontrolllieren und zu steuern. Bevor du unüberlegt reagierst, versuche tief ein- und auszuatmen. Es reichen vier- bis fünfmal, dann solltest du schon merken, wie wieder mehr Sauerstoff in dein Gehirn kommt und du wieder klarer denken kannst.

    Natürlich ist das in Situationen, in denen das Pferd in Sekundenschnelle sich erschrickt, nicht möglich. Aber auch NACH solchen Situationen, sobald der erste Schock vorbei ist, hilft es enorm, sich wieder auf seine Atmung zu konzentieren: Pferde spüren die abflauende Erregung durch dein tieferes Atmen und können so auch schneller aus dem Fluchtmodus kommen. Hier hilft tiefes Ausatmen, ein tiefer Seufzer aus dem Mund mit entsprechendem Geräusch dazu. Pferde orientieren sich stark daran.

    Meine Reitschülerinnen können davon ein Liedchen singen 😉 Wie oft sind ihre Pferde ohne ihr Zutun durchpariert, nur weil ich ihnen in der Mitte des Reitplatzes vorgemacht habe, wie sie ausatmen sollen …

    Unsicherheit im Umgang mit Pferden: Blick zu den Pferdeprofis

    Auch wenn uns der Blick nach außen auf andere auf Dauer unsicher und ungenügend fühlen lässt, so hilfreich ist es dennoch, sich mal bei den Profis umzuschauen: Welche Eigenschaften und Gewohnheiten legen Profis an den Tag, dass bei ihnen alles so easy und unkompliziert abläuft? Was zeichnet Pferdeprofis aus? Was machen sie anders?

    Der Blick zu den Pferdeprofis dieser Welt kann dir helfen, an deinem „Mindset“, an deiner Einstellung zu Unsicherheit im Umgang mit Pferden zu arbeiten.

    Schön zu beobachten und nachahmenswert finde ich persönlich den Umgang von Ingrid Klimke und Jessica Bredow-Werndl mit ihren Pferden. Von ihrer Einstellung und ihrer Ruhe, die sie beide ausstrahlen, kann man sich noch so einige Scheibchen abschneiden.

    Ausdauer und Beständigkeit

    Pferdeprofis haben vor allem eines: einen langen Atem. Sie wissen, dass ihre Methoden zum Ziel führen. Nur weil das nicht innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen der Fall ist, lassen sie nicht gleich ihr gesamten Trainingskonzept fallen und holen sich den nächst besten Trainer in den Stall. Viele Pferdemenschen aus dem Hobby- und Amateurbereich sind zu schnell enttäuscht, wenn etwas nicht klappt. Dann muss der nächste Reitlehrer her, weil beim anderen wurde nach drei Reitstunden das Angaloppieren nicht besser. Bei einer Übung in der Bodenarbeit hat das Pferd nicht wie erhofft reagiert – dann wird sofort die gesamte Methode über Bord geworfen.
    Pferdeprofis haben aus langjähriger Erfahrung gelernt, dass Beständigkeit und Ausdauer im Training zum Ziel führen – und nicht das Hinterherjagen von kurzfristigen Zielen!
    Mein allerwichtigster Erfolgsgrundsatz im Training mit Pferden lautet: Jeder noch so kleinste Schritt führt immer zum Erfolg!
    Wenn du dich für eine Trainingsmethode entschieden hast, dann bleib dabei! Vertraue auf den Prozess und lass die Dinge arbeiten! Gut Ding braucht Weile!

    Verlässlichkeit

    Pferdeprofis sind für ihre Pferde ein Fels in der Brandung: Da wird täglich trainiert, der Tag läuft immer gleich ab. Das bringt Ruhe und Verlässlichkeit. In unserer heutigen stressigen und aktuell sehr chaotischen Welt ist es umso wichtiger, dass Pferde konstant, ruhig und gleichbleibend trainiert und bewegt werden. Das bringt Sicherheit. Je chaotischer, ungeplanter und zielloser wir trainieren, desto länger dauert es, bis wir unser Ziel erreichen werden. Verlässlichkeit bringt immer auch Sicherheit mit sich – und das ist bei Unsicherheit im Umgang mit Pferden das A und O! Je verlässlicher und durchschaubarer wir für unsere Pferde werden, desto mehr werden sie uns vertrauen und entspannen.

    Geduld

    Ungeduld war wie Angst noch nie ein guter Berater. Gerade wenn es hektisch, stressig und unübersichtlich zugeht, neigen wir Menschen dazu schnell ungeduldig zu werden. Zeit ist ja schließlich goldwert, und man hat sie nicht unendlich zur Verfügung. Da will die Zeit im Stall ja auch voll ausgekostet werden. Und dann macht das Pferd nicht mit: Lässt sich nicht von der Koppel holen und rennt lieber davon als uns hinterher zum Stall, ist unleidig beim Putzen – da macht der entspannte Sonntag beim Pferd gleich gar keinen Spaß mehr.
    Ungeduld bringt dann oft die unschönen Seiten in uns Menschen hervor, wir werden rüpelig, grob und manchmal sogar aggressiv. Das passiert aus einem Effekt heraus, meist gar nicht bewusst. Allerdings schadet das auf Dauer der Beziehung zu unseren Pferden. Ein kleiner Rüpel, wenn zum 10. Mal beim Hufeauskratzen der Huf weggezogen wird, zerstört garantiert keine gute und beständige Pferd-Mensch-Beziehung. Aber wie heißt es so schön: Steter Tropfen hölt den Stein. Und je öfter wir grob mit dem Pferd sind, desto häufiger wird sich das Pferd missverstanden fühlen und irgendwann sich in sein Schneckenhaus zurückfühlen. Erlernte Hilflosigkeit (nach Seligmann) nennt man das dann in der Psychologie.
    Geduld ist eine Tugend. Den einen liegt sie mehr, den anderen weniger.
    Auch ich war früher ein sehr, sehr ungeduldiger Mensch und mein Turnierpferd Ronnie musste mit mir sicherlich einiges erleiden, was ich heute nie, nie wieder so tun würde. Aber das ist das schöne am Erwachsen- und Älterwerden 😉 Wir lernen nie aus und können uns jederzeit dazu entschließen, ein besserer Mensch für unser Pferd (und auch für unsere Mitmenschen!) zu werden 😉

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  • Von Pferden lernen: Was ich von meinen Pferden gelernt habe

    Von Pferden lernen

    Mit Pferden zusammenleben bedeutet für mich lebenslanges Lernen. Denn von Pferden lernen bedeutet ein lebenslanges Vergnügen. Jeden Tag zeigen sie uns mit ihrer sanften Art und ihrer subtilen Körpersprache, dass wir noch genauer hinhören und präziser in unserer eigenen „Sprache“ sein sollten. Man kan nie genug Achtsamkeit und Bewusstheit in sein Leben bringen.

    Von Pferden lernen ist Persönlichkeitsentwicklung. Schon Kinder profitieren vom Umgang mit Pferden, und immer mehr Seminare sprießen aus dem Boden, in denen Manager von Pferden Führungsqualitäten lernen sollen.

    Meine pferdige „Lerngeschichte“ ist nicht anders: Schon früh als Kind kam ich mit Ponys in Berührung, und bis heute begleiten mich Pferde durch mein Leben. Was ich von ihnen bislang gelernt habe und wie sich mich mit ihren ganz eigenen speziellen Charakteren zu dem Menschen gemacht haben, der ich jetzt bin, möchte ich in diesem Blogbeitrag skizzieren.

    Von Pferden lernen: Ein Porträt meiner Pferde

    Momo, meine Lehrerin in Sachen Durchhaltevermögen

    Mit sechs Jahren konnte ich das erste Mal die Gefühle erleben, die mich jedes Mal auf dem Rücken der Pferde überkommen: das Gefühl der Sicherheit, egal auf welchem Pferd, und das Gefühl des Vertrauens. Auf der schwarzen Stute Ester meines Onkels schauten mein Beinchen kaum über das Sattelblatt hinaus, aber es war herrlich!

    Mit acht Jahren bekam meine Cousine ihr erstes eigenes Pony. Mit Blacky, geführt von meinem Vater, lernte ich traben und galoppieren – alles ohne Sattel. Später dann ritten meine Cousine und ich alleine aus und wagten auch schon die ersten Sprüng mit Blacky.

    Reitunterricht in der Reitschule bekam ich erst später, die grundlegenden Kenntnisse hatte ich mir durch meine täglichen Besuche bei Blacky und meinem Lesewahnsinn mit allem, was Pferde anbelangt, zugeleg und vor allem durch eines: Ausprobieren!

    Mit zwölf ging dann mein größter Traum in Erfüllung: Mein Vater ging mit mir auf die Suche nach einem eigenen Pony, nicht wie ich vorerst dachte, auf die Suche nach einem Pflegepferd.

    Durch Zufall kam ich dann zu meinem ersten Pony, von dem ich vor allem eines lernte: Durchhaltevermögen.

    Momo war der Hauptgewinn in einer Tombola bei einem großen Springturnier. Wir waren dort, weil als Zuschauerattraktion auch ein Galopprennen rund um den riesigen Springplatz stattfand – und Blacky, der schwarze Blitz, so schnell war 😉

    Gewonnen hatten wir damals bei diesem Galopprennen nichts, aber ich bekam mein erstes Pony: Nachdem mein Onkel meinem Vater erklärte, dass dieses Pony genau DAS perfekte Pony für mich wäre, ging mein Vater einfach zum Gewinner und kaufte ihm Momo vom Fleck weg ab. So schnell ging das damals 😉

    So rosig die anfängliche Geschichte mit Momo klingt, für mich war Momo zu Beginn unserer Beziehung alles andere als perfekt! Momo war eine Ponystute mit Charakter, was sie nicht wollte, tat sie nicht. Wenn sie unterm Apfelbaum Äpfel fressen wollte, dann tat sie das. Egal, ob wir Kinder wie die Rumpelstilzchen um sie herumhüpften oder Theater auf ihrem Rücken veranstalteten.

    Da kullerten bei mir die Tränen und ich wollte Momo wieder abgeben: Sie war ganz und gar nicht mein Traumpony, von dem ich immer geträumt hatte. Sie war in meinen Augen ein stures, freches Vieh, das uns Kinder schlicht und einfach veräppelte. Geholfen hat uns damals dann mein Papa, er konnte Momo endlich davon überzeugen, dass der Job eines Ponys auch abseits des Apfelbaumes stattfinden müsse 😉

    Eines lernte ich von Momo auf jeden Fall: Aufgeben gilt nicht, durchbeißen, durchhalten, Tränen wegwischen, weitermachen. Und das brachte mich mit Momo weiter. Wenn was nicht klappte, versuchte ich es auf andere Art und Weise erneut. So wurde ich kreativ im Finden von Lösungen, was mich mit Momo immer mehr zu einem Team werden ließ.

    Schlussendlich gewannen wir Geschicklichkeitsturniere in ganz Voralberg, sprangen bis zu ein Meter hohe Hindernisse, ließ mich von ihr mit Rollschuhen im Sommer oder mit dem Rodel im Winter ziehen, trat bei Pferdemessen auf, kletterte mit ihr als Packpferd steile Wege zu Jägerhütten hoch – für mein Durchhaltemögen wurde ich doppelt und dreifach belohnt: Meine Momo ging mit mir durch dick und dünn!

    Momo war fast 30 Jahre bei mir. Bis zum Schluss war Fressen ihre liebste Beschäftigung – typisch Pony eben! 😉

     

    Lorenz, mein Lehrmeister

    Bald aber wollte ich die Herausforderung des Reitens eines Großpferdes auf mich nehmen. Und wie das Schicksal oft so spielt, wurde ich zufällig in einem Supermarkt einem Mann vorgestellt, der mich mit Lorenz bekannt machen sollte.

    Lorenz war kein Reitersmann, sondern ein 15-jähriges holländisches Warmblut, Springpferd bis Klasse M und der beste Lehrmeister, den man sich als junges 15-jähriges Mädchen nur vorstellen kann.

    Er ist der Grund, warum ich immer wieder für Folgendes plädiere – wie schon damals die alten Reitmeister, und das ich bis heute zu jedem sage, der sich überlegt, ein junges Pferd anzuschaffen:

    Junger Reiter – altes, erfahrenes Pferd, junges Pferd – alter, erfahrener Reiter!

    Mit Lorenz war der Weg in den Turniersport quasi vorgegeben. Da ich in einem Turnierstall trainieren konnte, war ich rasch mit dem „Turnierfieber“ infiziert. Mit Lorenz erlangte ich den Reiterpass und rasch darauf auch die Lizenz, nahm an Springprüfungen und Dressurprüfungen teil.

    Leider konnte Lorenz nicht bis zuletzt bei mir bleiben, er war mir nur zur Verfügung gestellt worden. Was das Schicksal für ihn nach uns vorgesehen hatte, weiß ich leider bis heute nicht …

     

    Ronnie, mein Allroundtalent

    Da Lorenz mit 20 dann doch endlich seine Pension genießen sollte, kam Ronnie zu uns. Mit ausgezeichnetem Spring-Pedigree ausgestattet startete ich Ronnie in Springen bis Klasse LM auf nationalen Turnieren in Vorarlberg. Aufgrund seiner guten Grundgangarten wechselten wir bald ins Dressurlager. Ich konnte Ronnie bis zur Dressur Klasse M ausbilden, bei den Galopppirouetten und Einerwechseln ließen wir es dann sein. Seine Lieblingslektion waren Serienwechsel 😉 Mein größter Erfolg mit Ronnie war der 3. Rang bei den Landesmeisterschaften in der Allgemeinen Klasse.

    Nach meinem Umzug mit ihm nach Innsbruck ließen wir den Turniersport hinter uns. Auf Ronnie lernten noch viele Reitanfänger das Reiten, darunter auch mehrere 8- bis 12-jährige Mädchen. Er war mit seinem unvergleichlichen Charakter und seiner Geduld perfekt dafür.

    Ronnie lebt noch immer bei mir. Mittlerweile ist er 29 Jahre alt und noch ganz gut in Schuss für sein Alter. Eines war für mich von vornherein klar: Schon damals schwor ich Momo, dass sie bei mir bleiben darf bis zum Schluss. Und auch bei Ronnie wird es so sein. Ich bin davon überzeugt, dass er mir sagen wird, wenn es soweit ist.
     
    Ronnie brachte mir bei, an seinen Träumen festzuhalten und dafür hart zu kämpfen. Aus heutiger Sicht war ich damals mit Ronnie vielleicht zu ehrgeizig, trainierte zu hart, hörte zu wenig auf ihn … Aber als junges Mädchen hatte man eben Träume vom großen Sieg am Turnier, einer Schleife, einer Platzierung – und dafür nahm ich in Kauf, dass ich neben meinem Studium jede Woche zwischen Vorarlberg und Tirol hin- und herpendelte, um Freitag bis Sonntag zu trainieren. Und Trainieren bedeutete für mich damals: Pferd aufladen, 10 Minuten Hängerfahrt, um in der Reithalle meines Vereins trainieren zu können.
    Die größte Unterstützung bekam ich damals von meinem Vater. Wenn ich unter der Woche wegwar, fuhr er mit Ronnie zweimal in der Woche (einmal fürs Dressur- und einmal fürs Springtraining) in den Reitverein, wo eine Freundin Ronnie für mich ritt – so konnte ich am Wochenende auf einem gut trainierten Pferd aufs Turnier gehen.
     
    Mit Ronnie zusammen habe ich die gesamte Turnierszene kennengelernt. Ich lebte damals für diese Turniere: Es gab einen großen Zusammenhalt auf den Turnieren, man kannte jeden, hier ein Gespräch, da eine Empfehlung. Wir waren eine riesengroße Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft auf den Turnieren und zuhause im Reitverein gab mir Stabilität und Halt während meiner Jugendjahre.
     
    Das Team von Ghostreiter: Ronnie

    Iman, meine bislang größte Herausforderung

    Nachdem Ronnie in Pension war, kam bei mir bald der Wunsch nach einem jungen Pferd auf. Vom aktiven Turniersport habe ich mich 2007 zurückgezogen, um mich allumfassend und alternativ in Bezug auf den Umgang mit dem Pferd weiterzubilden und anderen Menschen die „Reitkunst“ und die Faszination des Lebewesens Pferd zu vermitteln.

    Weniger um weiter Turniere zu reiten, ging es mir mehr um eine neue Herausforderung und das gemeinsame Lernen mit einem jungen Pferd. Im September 2009 erfüllte ich mir den Traum eines jungen Pferdes, das ich von Beginn an ausbildete. Es war eine sehr anstrengende, aber auch sehr erfüllende Aufgabe, einem jungen Pferd wie Iman die Grundlagen im Umgang mit dem Menschen beizubringen – und mit Iman war es eine gleich noch viel größere Herausforderung!

    Iman ist eine mittlerweile 13-jährige Trakehnerstute. Ich hatte, als ich Iman 2,5-jährig damals kaufte, keine Ahnung von der Rasse Trakehner. Erst später, als sich die Probleme mit Iman häuften, hörte ich immer öfter: „Ah, ein Trakehner, ja kein Wunder, das ist eine spezielle Rasse, sehr eigenwillig!“ und im Nachklang: „Oje, eine Stute auch noch!“

    Iman ist ein sehr intelligentes, cleveres Pferd, das schon „als Fohlen lesen und schreiben konnte“, wie ihre Züchterin immer erzählt. Das ist Fluch und Segen zugleich, wie ich bitter lernen musste.

    Seit ich Iman habe, weiß ich eines sicher: Nie mehr möchte ich ein junges Pferd selbst ausbilden – zumindest nicht, wenn ich einen sehr guten Trainer in der Nähe habe und ich mir 2 bis 3 Mal die Woche Unterricht leisten kann.

    Ich bildete mir damals ein, dass ich das Anreiten alleine hinkriege. Iman lernte schnell, das Aufsitzen und Losreiten war nie ein Problem, das war für sie alles okay. Aber sie wollte klare Ansagen. Wenn sie etwas nicht verstand, wurde sie rasch ungehalten und zeigte seeeehr deutlich, wenn ihr was nicht passte.

    Wie oft sass ich zuhause im Bett, heulte wie ein Schlosshund und wusste nicht mehr weiter …

    Es gab hunderte von Situationen, in denen ich nicht mehr weiterwusste. Vielleicht weil ich es mir nicht eingestehen wollte, wurschelte ich alleine immer weiter … ohne mir wirklich professionelle Hilfe zu holen. Und so probierte ich mich durch alle möglichen Ausbildungsmethoden (Parelli, Join-up etc.). Immer wieder stieß ich an einen Punkt, an dem Iman mir klar und überdeutlich sagte: „Das ist doof, ich will das nicht!“ Und Iman ist eine Persönlichkeit, bei der sich so mancher Trainer oder Reiter die Zähne ausgebissen hätte: Denn mit Kraft oder roher Gewalt, zu der man mir damals ab und an riet („Die verarscht dich doch, setz dich mal durch!“), hätte man bei Iman schlechte Karten: Vorher hätte sie dich ernsthaft verletzt, bevor sie etwas getan hätte, das sie nicht wollte oder konnte!

    Irgendwann kam der Punkt, an dem ich zugeben musste, dass ich hilflos war, nicht weiterwusste, professionelle Hilfe brauchte. Das war schwierig für mich, da ich ja auch nicht wusste, an wen ich mich wenden sollte. Ich bekam tausende Empfehlungen, jeder wusste es besser, mach das, probier das. Ich war heillos überfordert.

    In einer Kurzschlussreaktion rief ich eine Bereiterin an: Iman ging 4 Monate in professionellen Beritt zu einer sehr einfühlsamen, tollen Bereiterin. Es war schwer für mich, damals zuzugeben, dass ich gescheitert war, dass ich viele Fehler gemacht hatte. Jetzt im Nachhinein betrachtet, war es das Beste was passieren konnte. Ich konnte endlich Verantwortung abgeben und musste mir nicht mehr täglich Gedanken machen, was heute im Stall wieder alles schieflaufen könnte.

    Gerade, wenn man im Pferdesport tätig ist und dann auch noch selbst als Ausbilderin und Reitlehrerin, ist es doppelt schwer, so etwas zuzugeben: „Eine Reitlehrerin und Pferdetrainerin, die ihr eigenes Pferd nicht in den Griff kriegt???“ Ja, das gibt es! Und ich bin deshalb keine schlechtere Trainerin! Denn das Wichtigste, was ich von Iman lernen durfte, war: Hol dir Hilfe, frag um Hilfe und vor allem: Akzeptiere, dass du nicht alles weißt und kannst!

    Von Iman habe ich außerdem gelernt zu akzeptieren, dass Pferde nicht für alles geeignet sind, was sich der Mensch einbildet! Von Anfang an hasst es Iman, in diesen engen Reitplätzen (auch 20 x 60 Meter großen Reithallen) geritten zu werden. Sie blockierte, ging ungern vorwärts, verhielt sich komplett. Jahrelang versuchte ich alles, sie fand es einfach nur doof.

    Bis ich im Rahmen der Tellington-Reittrainer-Ausbildung eine Woche Kurs bei Peggy Cummings (Connected Riding) hatte. Ihr Rat: Ich sollte Iman mal mehrere Monate bis zu einem halben Jahr nur im Gelände reiten, denn da ging sie von Anfang an frisch vorwärts, ohne sich zu verhalten.

    Das tat ich! Heute ist Iman mein bestes Pferd im Gelände: Sie geht überall hin, ins Wasser, durch den Wald, ist immer kontrollierbar, ganz und gar nicht schreckhaft, das perfekte Ausreitpferd.

    Und das darf so bleiben: Seit Iman bei mir im Stall zuhause ist (Dezember 2019), lief sie nicht ein einziges Mal mehr in einem Reitplatz, alle Seitengänge, Übergänge, Lektionen reiten wir im Gelände …

    Iman ist mein #Herzenspferd, mein #Seelenpferd!

    Reiten nach Tellington

    Cento, mein sanfter Riese

    Wenn ich es in einem Satz zusammenfassen müsste, was ich von Cento lernen durfte, dann ist es das:

    Lass dich nicht vom Äußeren täuschen und verurteile und bewerte nie vorschnell!

    Cento ist ein wahrer Riese, aber ein sanfter! Mit seinen 650 Kilogramm und seiner wuchtigen Statur ist er wahrlich kein Pferd, das man übersieht. Eher ist er ein Elefant im Porzellanladen. Oftmals weiß er nämlich selbst nicht, dass er so schwer, groß und breit ist, und kann schon mal dahingehen oder dorthin klettern, wo er eigentlich nicht durchpasst 😉

    Cento ist ein sanfter Riese, dem der Schalk im Nacken sitzt. Oft meint man, man hat es mit einem 4-Jährigen zu tun, so verspielt ist er ab und zu.

    Allerdings wird Cento aufgrund seiner Masse oft falsch eingeschätzt: Entgegen seiner Statur und seines Auftretens ist er einfach nur ein riesengroßes Baby: Er ist zum Beispiel auf Kriegsfuß mit Tierärzten. Seit er mal länger in der Klinik bleiben musste, sind ihm Tierärzte mit Spritzen ein Graus. Er wird dann panisch, reißt sich los und ist auf Nimmerwiedersehen am Ende des Paddocktrails wiederzufinden!

    Wenn er vor etwas Angst hat und man ihm Druck macht, wird er völlig kopflos. Cento braucht viel Zuspruch und Vertrauen in „seinen“ Menschen, sobald er misstrauisch oder ängstlich wird.

    Niemand traut ihm diese sensible Seite zu, aber da ist er das völlige Gegenteil zu Iman: Sie schmal und schmächtig, aber vollends die taffe Frau, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, und dann der riesige Koloss mit seiner sanften und übersensiblen Art, der ziemlich ängstlich ist …

    Iman und Cento sind übrigens ein Herz und eine Seele. Die beiden machen alles zusammen, wie Bruder und Schwester!

    Cento ist mit super Springpapieren ausgestattet und war auch schon erfolgreich in L-Springen am Turnier, bevor ich ihn 6-jährig gekauft habe. Mein Vater liebt es, mit ihm ausreiten zu gehen: „Er ist halt ein Männerpferd!“

    So sensibel Cento vom Boden aus ist: Kaum sitzt man auf ihm drauf, kann eine Bombe neben ihm am Reitplatz einschlagen, auf ihm fühlt man sich absolut sicher. Er hat unter dem Reiter noch keinen einzigen Buckler oder Steiger gemacht, da ist absolut Verlass auf ihn!

    Reiten als Lebensschule
    Cento mein sanfter Riese

    Indira, die taffe Kämpferin

    Indira ist die Halbschwester zu Iman und kommt von derselben Züchterin. Indira kam zu mir, ohne dass ich konkret auf der Suche nach einem neuen Pferd gewesen wäre. Warum auch? Ich hatte ja schon drei!

    Aber wie das so ist mit einem eigenen Stall: The sky’s the limit … oder so ähnlich 😉

    Indira hat mit ihren jungen 9 Jahren bereits eine krasse Krankengeschichte hinter sich, alle in Zusammenhang mit ihren zwei Trächtigkeiten.

    Bevor sie in die Zucht kam, war sie erfolgreich in Deutschland in Dressurpferdeprüfungen der Klasse A und L. Sie wäre eine fantastische Tänzerin durchs große Dressurviereck geworden, wenn nicht ihre Züchterin die Reißleine gezogen hätte und sie aus dem Sport herausgenommen hätte: Sie wollte nicht, dass sie unter derart viel Druck laufen muss.

    Imans Züchterin rief mich eines Tages an und fragte mich, ob ich auf der Suche nach einem Pferd sei. „Natürlich nein“, war meine Antwort. Doch ich fuhr trotzdem hin und ritt Indira Probe.

    Womit es endete, weiß man ja: Indira steht seit September 2019 in meinem Stall – und was soll ich sagen? Sie ist ein Traum von Pferd. Schon beim ersten Reiten wusste ich: Mit viel Geduld kommt sie mal ganz weit! Ihre Grundgangarten sind fantastisch, sie will einem immer alles recht machen, reagiert auf kleinste Hilfen, will immer mitarbeiten, denkt schon drei Schritte voraus, während ich noch überlege, wie ich die Hilfe korrekt einsetze … Einfach ein Traum!

    Von Indira lerne ich jeden Tag: Sei der beste Reiter für dein Pferd!

    Indira ist ein derart sensibles Pferd unter dem Sattel, dass ich beispielsweise nur an eine winzige Drehung meiner äußeren Schulter denken muss und schon sind wir im Schulterherein. Das ist ein Traum zum Reiten, aber ebenso auch enorm schwierig, denn man muss seinen Körper zu 100 Prozent unter Kontrolle haben. Steife Hüftgelenke vom vielen Sitzen am Computer rächt sich dann innerhalb von wenigen Sekunden.

    Seit ich Indira habe, arbeite ich (wenn möglich) täglich an mir selbst: Yoga, Feldenkrais, Alexandertechnik, Seminare und Fachliteratur zum Reitersitz, Kraftübungen, Ausdauertraining. Ich tue alles, um ihr die beste Reiterin zu sein! #seiderbestereiterfürdeinpferd

     

    Indira

    Was kannst du bei Ghostreiter by Melanie lernen?

    Ich versuche in meinen Workshops und Reitstunden die Grundlagen des Reitens und den Umgang mit dem Pferd von Beginn an auf Achtsamkeit und Bewusstheit basierend zu vermitteln. Es ist mir ein großes Anliegen, den Menschen, die bei mir Unterricht nehmen oder zu meinen Workshops kommen, die Art des Pferdes, seine Stärken und Schwächen, die physiologischen Grundlagen der Bewegungen nach den Prinzipien der klassischen Reitlehre und das zugrundeliegende Verhalten des Pferdes genau zu erklären.

    Bei mir gibt es keine sturen Kommandos wie „Ferse runter, Kopf hoch“ hören, sondern man wird von Grund auf verstehen, wieso wir uns genauso wie das Pferd im Gleichgewicht befinden müssen und durch Balance in der Bewegung reiten sollten. Durch die Reitlehren und Übungen von Peggy Cummings mit ihrem Connected Riding sowie von Sally Swift mit ihrem Centered Riding kommen wir zu dem Reitersitz, der uns geschmeidig und einfühlsam auf dem Pferd sitzen lässt. So können wir das Pferd bestmöglich unterstützen, anstatt es zu behindern, und können so die überall gewünschte, aber selten erreichte Harmonie zwischen Pferd und Reiter schaffen.

    Neben dem Reiten steht für mich vor allem auch die Vorbereitung des Pferdes vom Boden aus im Vordergrund. Hier ist für mich die Tellington-Methode mit ihren TTouches in der Körperarbeit und dem Lernparcours in der Bodenarbeit essenziell. Nur ein Pferd, das ohne das Gewicht des Reiters gelernt hat, sich im Gleichgewicht und koordiniert zu bewegen, kann dies unter dem Reiter in seiner natürlichen Anmut, und ohne Schaden zu nehmen, tun.

    Wenn du Interesse an Seminaren und Workshops zur Tellington-Methode oder Sitzschulungen in Theorie und Praxis hast, kontaktiere mich gerne für alle Möglichkeiten, bei dir am Stall einen Workshop abzuhalten:

    Mail mir an melanie@ghostreiter.at oder fülle das Kontaktformular aus:

    Abonniere meine wöchentlichen Inspirationen für eine innigere Beziehung zu deinem Pferd, und ich schenke dir meinen kostenlosen Ratgeber „5 ungewöhnliche Tipps, wie du die Beziehung zu deinem Pferd verbesserst“.

  • Pferd mit Gurtzwang: 5 Tipps, um Gurtzwang zu beheben

    Gurtzwang beim Pferd: Was kann ich tun?

    Gurtzwang ist nicht nur für das Pferd sehr unangenehm, sondern auch für den Reiter auf Dauer eine Belastung. Er muss sich beim Satteln und Gurten ständig vor seinem Pferd in Acht nehmen, das im schlimmsten Fall beißt und schlägt. Das Pferd verknüpft Satteln und Gurten und in Folge das Reiten als etwas Unangenehmes.
     
    Doch das muss nicht sein!
     
    In diesem Blogbeitrag zeige ich dir 5 effektive Tipps, was du konkret bei Gurtzwang tun kannst.

    Unterschied zwischen Gurtzwang und Sattelzwang

    Gurtzwang bedeutet, dass das Pferd starke Ablehnung gegen das Gurten zeigt. Das heißt, es reagiert mehr oder weniger abweisend, wenn der Reiter den Sattelgurt um den Bauch des Pferdes schließen möchte.

    Sattelzwang wird oft synonym für Gurtzwang verwendet. Ich persönlich halte aber beide Begriffe klar auseinander. Beim Sattelzwang reagiert das Pferd bereits negativ, wenn sich der Reiter mit dem Sattel nähert und ihn auf den Rücken des Pferdes legt.

    Es gibt Pferde mit Gurtzwang, die noch kein Problem damit haben, dass der Sattel auf den Rücken gelegt wird. Erst das Durchgreifen unter dem Bauch zum Gurt und das Anziehen des Gurts löst Stress aus.

    Deshalb ist es mir wichtig, diese zwei Verhaltensauffälligkeiten klar voneinander zu trennen.

    In diesem Blogbeitrag geht es jetzt aber nur um den Gurtzwang.

    Wie zeigt sich Gurtzwang: Symptome von Gurtzwang

    Jedes Pferd ist individuell und reagiert anders. So können die Symptome für Gurtzwang von kaum sichtbar bis zu richtig heftig variieren. Erst wenn das Pferd wiederkehrend negativ auf das Gurten reagiert, kann man von Gurtzwang sprechen. Das heißt, es hat sich schon ein negatives Verhaltensmuster etabliert. Wenn ein Pferd einmalig auf das Gurten reagiert, muss das noch kein Gurtzwang sein. Es kann auch situationsabhängig gerade im Moment des Gurtens nach vorne mit dem Hinterhuf ausgeschlagen haben: eine Fliege, ein lästiger Boxennachbarn in der Stallgasse. Es heißt also – wie eigentlich immer – sehr achtsam zu sein und das Pferd genau zu beobachten.

    Bei den folgenden öfter auftretenden Symptomen deines Pferdes solltest du aufhorchen, wenn du nach dem Gurt greifst, ihn schließst oder nachgurtest:

    • Verspanntes Maul, hochgezogene Nüstern
    • Atmung verändert sich: Pferd hält Luft an oder atmet schneller
    • Angelegte Ohren
    • Schlagen mit dem Kopf
    • Deutliches Drohen mit Drehen des Kopfes nach hinten zu dir/zum Sattel
    • Im Moment des Gurtens: Schnappen in die Luft oder nach dem Strick, an Metall schlecken, an Holz knabbern
    • Drohen mit dem Hinterbein
    • Mit dem Hinterbein nach vorne treten
    • Dich abdrängen, auf deine Seite springen
    • Nach dir gezielt schnappen und beißen

    Symptome von Gurtzwang beim Reiten

    Ähnlich zeigen sich die Symptome von Gurtzwang auch beim Reiten:

    • Pferd läuft stark verspannt, hält sich fest, braucht sehr lange, bis es losgelassen geht
    • Pferd geht kaum vorwärts
    • Tritt, schnappt oder beißt nach dir, wenn du nachgurten willst
    • Im schlimmsten Fall kann das Pferd auch unkontrolliert losbuckeln oder steigen, um den unangenehmen Druck loszuwerden
    • Pferd wirft sich samt Sattel hin (dann ist aber wirklich Feuer am Dach!)

    Ursachen für Gurtzwang

    Die Ursachen für Gurtzwang sind so vielfältig, wie es Pferde gibt. Jedes Pferd ist anders und verknüpft Erfahrungen mit dem Sattelgurt anders.

    Häufig sind folgende Ursachen für Gurtzwang zu finden:
     
    • Hastiges und achtloses erstes Satteln/Gurten beim jungen, rohen Pferd
    • Unpassende Ausrüstung: Der Sattel kneift, die Schabracke scheuert etc.
    • Der Gurt passt nicht: Gerade anatomisch geschnittene Gurte müssen genau passen, sonst zwicken sie die Haut am Ellbogen ein. Gurt ist zu schmal/zu breit, ungepflegtes Material, kaputtes Leder etc.
    • Zu oft die höflichen Hinweise des Pferdes beim Gurten übergangen: Wenn die Hinweise eines Pferdes (Ohren anlegen, Kopf schlagen) auf falsches Gurten mehrmals ins Leere laufen, wird es immer mehr Abneigung gegen den Gurt aufbauen. Obwohl zum Beispiel vielleicht nur zwei oder drei Mal ein anderer Gurt ausgeliehen wurde, der nicht wirklich gepasst hat …
    • Das Pferd wird nicht auf das Satteln/Gurten vorbereitet: Drüberbürsten, Sattel draufklatschen, gurten und ab ins Viereck … Genau wie achtsames Putzen ist gute Vorbereitung beim Satteln und Gurten schon die halbe Miete beim Reiten.
    • Zu enges Gurten: Sehr oft sehe ich, dass der Sattelgurt zu schnell zu eng verschnallt wird. Stell dir vor, du musst einen Gürtel anziehen: Ohne Vorankündigung schnallt dir deine Freundin, die dir dabi hilft, den Gürtel knalleng zu, sodass dir fast die Luft wegbleibt. Kannst du dann einen Dauerlauf machen?
    • Magen-/Darmprobleme: Pferde mit Magen- und/oder Darmproblemen sind am Bauch sehr empfindlich. Klar, sie haben ja auch Bauchweh! Plötzlich auftretender Gurtzwang kann auch ein Symptom für Magenprobleme oder Darmprobleme sein.
    • Muskelverspannungen/Blockaden im Bereich der Rippen/Brustbein: Hier kann dir dein Tierarzt oder Physiotherapeut/Osteopath deines Vertrauens weiterhelfen.
     
     
    Gurtzwang was tun
    Pferde mit Gurtzwang müssen zuerst die negative, schmerzhafte Erfahrung des Gurtens löschen und eine neue positive Verknüpfung im Gehirn erstellen.

    Pferd mit Gurtzwang: Was kannst du konkret tun?

    Was kannst du jetzt konkret tun, um den Gurtzwang deines Pferdes zu beheben?
     
    Folgende drei Grundsätze gehen allen Übungen, die ich dir gleich zeigen werde, voraus:
     
    1. Analysiere genau, wie schlimm der Gurtzwang ausgeprägt ist.
    Reagiert dein Pferd verspannt, hält es die Luft an und bläßt sich stark auf? Oder tritt es gleich gezielt nach dir und du musst dich regelmäßig vor einem schnappenden Krokodil in Sicherheit bringen?
     
    2.  Kläre gesundheitliche Probleme vorher ab.
    Du kannst noch so oft die von mir unten angeführten Übungen machen – ohne Erfolg, wenn dein Pferd ein organisches Problem hat. Hast du den Verdacht, dass dein Pferd Schmerzen organischen Ursprungs hat (z. B. Kotwasser, wiederkehrende Koliken, Magengeschwüre oder Zysten und Rosseprobleme bei Stuten), kläre dies unbedingt vorher mit deinem Tierarzt ab!
     
    3. Bestrafe dein Pferd nie für Schnappen, Beißen oder Treten beim Gurten!
    Klar, ein Pferd sollte im Umgang mit dem Menschen nicht treten, beißen oder schnappen. Denk aber anders: Warum muss das Pferd das überhaupt tun? Was habe ich überhört/übersehen, dass das Pferd so deutliche Signale setzt? Außerdem lernt das Pferd bei Strafe nur, dass es nicht erwünscht ist, Schmerzen zu zeigen. Es driftet dann in eine erlernte Hilflosigkeit ab und kann sogar depressiv werden, also psychisch krank. Es wird dann zwar nicht mehr beißen oder schnappen, aber das löst nicht das Problem, dass das Pferd etwas Negatives/Schmerzhaftes mit dem Gurten verbindet. Eure Beziehung wird nachhaltig massiv gestört.

    5 Tipps und Übungen: So kannst du Gurtzwang beheben

    1. "Lecken der Kuhzunge"

    Der Tellington TTouch „Lecken der Kuhzunge“ ist meine absolute Lieblingsübung. Ich mache diesen TTouch bei allen Pferden und in fast allen Sitatuionen. Er ist einfach genial!
     

    2. "Pythonheber" mit dem Sattelgurt

    Der „Pythonheber“ ist ebenfalls ein Tellington TTouch. Hier verwende ich den Sattelgurt, um die „Pythonheber“ durchzuführen. Beim „Pythonheber“ hebe ich die Haut langsam an und lasse sie noch langsam wieder los. So kann sich das Nervensystem auf die Berührungen einstellen, die Berührung mit dem Sattelgurt wird als angenehm abgespeichert und das Pferd verliert seine Aggression gegen das Gurten.

    Abonniere meine wöchentlichen Inspirationen für eine innigere Beziehung zu deinem Pferd, und ich schenke dir mein kostenloses E-Book „5 ungewöhnliche Tipps, wie du die Beziehung zu deinem Pferd verbesserst“.

    3. Die Ausrüstung prüfen und optimieren

    Wenn die Ausrüstung, also Sattel, Satteldecke/Schabracke und Sattelgurt nicht optimal passen, kann dein Pferd das Satteln/Gurten mit der Zeit als unangenehm empfinden und sogar mit Schmerzen verbinden.
     
    Hat das Pferd bereits Gurtzwang, ist es enorm wichtig, die Ausrüstung auf ihre Passform zu prüfen:
     
    1. Der Sattel: Wenn schon der Sattel nicht passt, dann nützt auch der beste Gurt, der den Sattel an Ort und Stelle hält, nichts mehr. Bitte löse das Problem eines nicht passenden Sattels nie damit, dass du den Gurt einfach fester zuziehst. Wie oft habe ich zugeschnürte Pferde in der Reitstunde. Auf die Frage, warum der Sattelgurt so eng ist, höre ich sehr oft: „Sonst rutscht der Sattel nach vorn (oder zurück oder nach links/rechts …).“
    Ein Sattel ist wie ein Schuh: Passt der Schuh nicht (ist zu eng/zu groß), kann ich damit auch nicht auf einen Berg steigen oder einen Marathon rennen. Ich werde furchtbare Schmerzen haben. Und das Pferd muss bei mangelnder Passform nicht nur den Sattel ertragen, sondern auch noch das Reitergewicht tragen!
    Deshalb bitte: Prüfe deinen Sattel auf korrekte Passform. Ein guter Sattel liegt auch mit einem angenehm verschnallten Gurt noch richtig und rutscht nicht! Rutscht ein Sattel, passt er nicht!
     
     
    2. Satteldecke/Schabracke: Achte sehr genau darauf, wie die Schabracke/die Satteldecke unter dem Sattel zum Liegen kommt. Es dürfen sich keine Falten oder Knubbel bilden. Schmerzhafter Satteldruck droht! Und egal, was mal wehgetan hat: Dein Pferd merkt sich: „Schabracke scheuert, das tut weh. Sattel liegt genau da, wos wehtut. Gurt fixiert den schmerzhaften Sattel an Ort und Stelle. Also ist auch der Gurt doof!“
    Deshalb bitte: Schabracken regelmäßig waschen, die Fixierklettriemen an der Satteldecke/Schabracke auch verwenden, um ein Verrutschen zu vermeiden und „einkammern“, d. h. die Decke vorne nach oben ziehen, damit die Decke nicht am Widerrist aufliegt und scheuert.
    Bei Pferden mit empfindlicher Haut eventuell Lammfell- oder Kunstfellsatteldecken verwenden, um Scheuerstellen und abgebrochene Haare in der Sattellage zu vermeiden.
     

    3. Gurt: Die Passform des Gurts ist das Um und Auf! Je breiter der Gurt, desto besser verteilt er den Druck. Allerdings kann ich für ein eher schmales, rippiges Pferd keinen breiten Gurt verwenden. Anatomisch geformte Gurte müssen die richtige Länge und Form haben, sonst droht eingezwickte Haut hinter dem Ellbogen und Scheuerstellen oder gar offene Wunden. Auch das Material spielt eine wichtige Rolle: Pferde, die sehr sensibel sind, profitieren von einem Kunstfell-/Lammfellgurt. Ledergurte sind im Sommer angenehmer, weil sie einfacher zu putzen sind. Auch die Hygiene spielt eine Rolle: Ledergurte regelmäßig nach dem Reiten von Schmutz und Schweiß befreien, Fellgurte müssen öfter gewaschen oder zumindest mit Wasser abgespritzt werden.

    Gurtzwang beim Pferd: Was tun?
    Mit der Wahl des passenden Gurts ist ein erster Schritt in der Therapie von Gurtzwang getan.

    4. Korrekt gurten bei Pferden mit Gurtzwang

    Vorab: Korrekt gurten kannst du nur, wenn der Sattel passt.

    Der Gurt liegt korrekt, wenn im Stand noch ca. eine Handbreit zwischen Ellbogen und vorderster Gurtkante Platz hat. So kann das Pferd sein Bein frei bewegen, ohne ständig mit dem Ellbogen am Gurt anzustoßen.

    Hast du dein Pferd mit „Lecken der Kuhzunge“ und „Pythonheber“ auf das Gurten vorbereitet, ziehst du den Gurt nur so fest zu, dass der Sattel nicht verrutscht, wenn sich das Pferd bewegt. So kann sich das Pferd langsam an den Druck des Gurtes gewöhnen und fühlt sich nicht sofort wie eingeschnürt.

    Vor dem Aufsteigen führst du dein Pferd ein oder zwei Runden (am besten sogar einen ganzen Spaziergang lang oder zumindest einen Teil der Schrittphase). Das Pferd lässt dann  Luft aus dem Bauchraum, und du kannst entspannt nachgurten.

    Manchmal hilft es, dem Pferd eine Karotte oder ein Leckerli zu füttern, um es im Moment des (sanften!) ersten Angurtens ein wenig abzulenken.

    Nach dem Aufsteigen ist der Gurt korrekt verschnallt, wenn du ohne Probleme noch deine flache Hand zwischen Gurt und Bauch schieben kannst.

    5. Überprüfe die Haltung und Fütterung deines Pferdes

    Manche Pferde wirken grundsätzlich unzufrieden. „Der ist immer so“, „Der hat halt keinen Bock“, „Die ist einfach zickig“ hört man dann oft.
    Neben Gurtzwang zeigen solche Pferde auch noch andere Verhaltensauffälligkeiten: aggressiv dem Boxennachbarn gegenüber, futterneidig, extrem schreckhaft, sehen überall Gespenster etc.
     
    Hast du grundsätzlich das Gefühl, dass dein Pferd unzufrieden, schlecht gelaunt wirkt?
     
    Dann versuche, die Haltung und Fütterung deines Pferdes so weit wie möglich zu optimieren:
    Jederzeit Zugang zu Raufutter, Herdenhaltung, täglicher Auslauf (am besten in Gruppen sowie Tag und Nacht) sind für das Herden- und Lauftier Pferd nötig, um zufrieden und vor allem gesund zu bleiben.
     
    Ich habe sehr oft erlebt, dass Pferde, die von Boxenhaltung in einen Offenstall oder Paddocktrail mit Herdenhaltung gewechselt sind, sich völlig verändert haben.
    Und Verhaltensauffälligkeiten wie Gurtzwang, Aggression, Schreckhaftigkeit etc. lösten sich nach ein paar Monaten in Luft auf.
     
    Manchmal lohnt es sich, über den Tellerrand hinauszuschauen. Es ist mit den Pferden wie mit der Schulmedizin: Symptome allein zu behandeln, hilft nicht immer!
     
    Hat dein Pferd Gurtzwang? Was machst du, um deinem Pferd das Gurten angenehmer zu machen? Hast du noch weitere Tipps? Schreib mir gerne in die Kommentare.
  • Das Geheimrezept für eine intensivere Beziehung zu deinem Pferd

    Interview mit Bibi Degn, Tellington-TTouch®-Instruktorin für Pferde

    Geheimrezepte klingen immer so schreierisch, so übertrieben. Ja, da hast du Recht.  Mit dieser Überschrift wollte ich deine Aufmerksamkeit erregen. Denn das Thema, worum es in diesem Interview geht, ist mir sehr, sehr wichtig und ich will all deine Aufmerksamkeit 😉 Denn dieses Geheimrezept entscheidet meiner Meinung nach darüber, wie intensiv deine Beziehung zu deinem Pferd ist und wie du sie verbessern kannst!

    Bist du bereit, etwas zu investieren, um die Beziehung zu deinem Pferd zu verbessern, sie auf ein neues Level zu heben? Dann ist das folgende Interview über dieses Geheimrezept genau das Richtige für dich. Ich hoffe, es regt dich zum Nachdenken an – und führt dich in Folge zu einer intensiveren, freudvolleren Beziehung zu deinem Pferd!

    Doch wie lautet nun das Geheimrezept?

    Achtsamkeit: Das Geheimrezept für eine intensivere Beziehung zu deinem Pferd

    Das Geheimrezept lautet Achtsamkeit. Du hast dieses Wort sicher schon öfter gehört.

    Jeden Tag erinnere ich mich daran, Dinge mit mehr Ruhe anzugehen, bewusster zu agieren, die Reaktionen meines Pferdes nicht zu sehr auf die Waagschale zu legen. Mich nicht in meiner Person angegriffen zu fühlen, wenn etwas nicht klappt. Genau hinzuspüren, was mein Pferd mir sagen will, mit mehr Liebe bei der Sache zu sein … für mich bedeutet all das und noch viel mehr der Begriff der Achtsamkeit. Und das beginnt zum Beispiel schon beim Putzen.

    Achtsamkeit hilft dir, die Beziehung zu deinem Pferd zu intensivieren. Weil du bewusster hinschaust, bewusster hinfühlst und dein Pferd noch mehr zu verstehen im Stande bist.

    Und weil die Tellington-TTouch-Methode das perfekte Tool für Achtsamkeit ist, ja vielleicht sogar die „angewandte Achtsamkeitsschule“ ist (vgl. Interview), habe ich Bibi Degn zum Interview gebeten.

    Bibi ist eine der weltweit wenigen Tellington-TTouch-Instruktorinnen, die von Linda Tellington-Jones persönlich anerkannt und zertifiziert sind. Bibi ist somit befugt, nicht nur die Methode anzuwenden und zu unterrichten, sondern auch Tellington-TTouch-Lehrer/-innen auszubilden.

    Ihr Fundus zur Tellington-Methode ist unendlich. Sie ist durch und durch Pädagogin in ihrem Beruf als Tellington-Instruktorin und lebt für und mit den Tieren. Ihre gesamte Arbeit und ihre Herangehensweise an „Problempferde“, Pferde mit Verhaltensauffälligkeiten, an problematische Pferd-Mensch-Beziehung ist von unglaublich viel Liebe zu allen Lebewesen, von hoher Achtsamkeit und Lebensfreude geprägt.

    Im Interview mit mir erklärt sie, was das Konstrukt „Achtsamkeit“ für sie bedeutet, wie es sich konkret  anwenden lässt und wie du mit mehr Achtsamkeit die Beziehung zu deinem Pferd verbessern kannst.

    Die Beziehung zum Pferd verbessern mit ...

    Ghostreiter by Melanie: Achtsamkeit ist heutzutage ja fast schon ein Modewort. Was bedeutet für dich Achtsamkeit – wie definierst du sie für dich selbst?

    Bibi Degn: Achtsamkeit bedeutet für mich, das, was ich tue, mit Liebe zu tun. 

    Wie integrierst du Achtsamkeit in dein tägliches Leben? Haben Tiere da einen großen Anteil?

    Die Tiere sind die großen Lehrmeister für meine Achtsamkeit, denn nichts, was ich an, für und mit meinen Tieren mache, hat, ohne achtsam zu sein, viel Wert. In dem Moment, in dem ich meine Tiere sehe, ihre Seele schaue, stellt sich Achtsamkeit wie von selbst ein. Wir alle – vermute ich – haben Tiere, weil wir unsere Liebe zu ihnen spüren wollen. Ich bemühe mich, dies zu leben, wenn ich mit ihnen in Interaktion bin.

    Dies führt zu einem „angewandten Achtsamkeitstraining“ im Alltag, ein großer Vorteil, den wir „Tiere-Menschen“ haben können. Denn wir lernen Achtsamkeit nicht nur bei Stille im Meditationstempel, sondern in der oft sogar lärmenden Welt, im Handeln mit schreckhaften Pferden, bellenden Hunden und eigenwilligen Katzen.

    Dieses Training, Achtsamkeit im Handeln anzuwenden, führt zu einer Haltung, zu Übung, zu einer Gewohnheit. Kürzlich sagte ein Freund zu mir, ich würde den Blumenkohl mit zärtlichen Händen zerteilen. Das war mir nicht bewusst – danke euch, ihr Tiere, für eure anhaltende Achtsamkeitsschulung!

    Der Kontakt wird tiefer, das Zusammensein wird freudvoller

    Wie kann höhere Achtsamkeit unser Zusammenleben mit Tieren beeinflussen?

    Ich habe erwähnt, dass ich einen Zusammenhang zwischen Achtsamkeit und dem Sehen der Seele der Tiere sehe. Wer, ob Tier oder Mensch, blüht nicht auf, wenn sein Gegenüber „seine Seele schaut“? Und wer von uns blüht nicht auf, wenn uns das Gegenüber einen Blick auf seine Seele erlaubt? Der Kontakt wird tiefer, das Zusammensein wird freudvoller, das Training wird spielerischer, es geht nicht mehr um Machtpositionen – und die Sucht, mit den Tieren zu sein, wird gewaltig werden 🙂

    Wie hat dich der achtsamere Umgang mit Tieren durch deine Arbeit als Tellington TTouch® Instruktorin als Mensch verändert?

    Wenn ich oben das angewandte Achtsamkeitstraining erwähnt habe, so möchte ich die Tellington TTouch® Methode als die angewandte Achtsamkeitsschule bezeichnen. Eine bodenständige und zielführende Trainingsmethode, die so viele Elemente der Achtsamkeitsschule in sich trägt, macht, dass es einfach passiert, ohne drüber groß zu reden oder sich diesbezüglich zu disziplinieren.

    Achtsamkeit hat ja auch immer mit Bewusstsein zu tun: Ich muss mir bewusst sein, dass mein Handeln, mein Verhalten Auswirkungen auf Mitmenschen, auf andere Lebewesen, auf meine Umwelt hat. Wie kann ich aus deiner Sicht Bewusstsein und Achtsamkeit fördern?

    Die Antwort ist vielleicht überraschend – das kann ich, indem ich gut und ganz bei mir selbst bin, mich selbst wahrnehme, in Kontakt mit meinem Wesen trete und meine Liebe, die ja immer da ist, in mir finde.

    Denkst du, dass mehr Achtsamkeit und Bewusstsein in der heutigen Zeit uns helfen würde, unsere Welt zu einem schöneren Ort für uns und unsere Tiere zu machen?

    Ich glaube, es gibt keinen anderen, keinen besseren Weg und Schlüssel dahin.

    Achtsamkeit in der Ausbildung von jungen Pferden

    Lernen in Abwesenheit von negativem Stress

    Bibi, du bist seit vielen Jahren Instruktorin für Tellington TTouch ® Training für Pferde. Du hast bei Linda Tellington-Jones gelernt, lernst immer noch regelmäßig bei ihr und wurdest von ihr persönlich 2002 zur Instruktorin ernannt. Kannst du uns kurz erklären, was die Tellington TTouch® Methode ist und welchen Bezug Tellington TTouch zur Achtsamkeit hat?

    Für mich ist die Tellington-Methode Trainingsmethode für Tiere, eine Methode, die Beziehung schafft, Verbindung zwischen Mensch und Tier auf einer Ebene, die einen Tick tiefer ist als unser Alltagsbewusstsein. Diese Ebene hat etwas mit „Erkenntnis“ zu tun.
    Daraus ergibt sich all das andere: Lernen kann man nun mal am besten in der Abwesenheit von negativem Stress, Kooperation ergibt sich aus Freundschaft wie von selbst, und der Körper erblüht, sobald Liebe im Spiel ist. So ist all das „esoterische Zeugs“ kein Widerspruch zu einer bodenständig funktionierenden Trainingsmethode, die jeder anwenden kann, sondern der Nährboden für funktionale Beziehungen zwischen Mensch und Tier.

    Tiere als Lehrer für uns

    Linda Tellington-Jones gilt ja als Wegbereiterin für eine der achtsamsten Methoden in der Ausbildung von Tieren. Wie hat Linda das Thema der Achtsamkeit in ihre Philosophie eingebunden?

    Die Philosophie der Tellington-Methode sagt Folgendes: Arbeit mit dieser Methode lässt erfahren, wie wichtig die Tiere in unserem Leben sind, und verwirklicht, dass Tiere Lehrer für uns sind.

    Sie trägt bei zu Freundschaft und Liebe zwischen Mensch und Tier sowie zu Frieden, Freundschaft und achtsamem Umgang von Menschen.

    Es kommt zum Ausdruck, dass jedes einzelne Tier (und jeder Mensch) besonders ist und etwas anderes braucht, um glücklich zu sein, und dass jedes Tier und jeder Mensch auf seine eigene Weise lernt.

    Tiere werden mit Verständnis behandelt, statt über sie zu bestimmen, sie einzuschüchtern oder ihnen körperlich oder seelisch weh zu tun.

    Der Tellington TTouch dient als Sprache, die zwischen Mensch und Tier genutzt werden kann.

    Vielen Dank, Bibi, für dieses Interview!

    Mehr zu Bibi findest auf ihrer Homepage: www.tiereakademie.de

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