Körperbandage fürs Pferd: Das musst du wissen

„Was ist denn mit deinem Pferd? Ist es verletzt?“ 

Diese Frage wird mir immer wieder gestellt, wenn ich meinem Pferd eine Körperbandage anlege oder ich bei Kunden bin, wo solche Methoden noch kritisch beäugt werden.

Nein, ein Pferd, das eine Körperbandage (in der Tellington-TTouch-Methode auch Körperband genannt) trägt, ist nicht verletzt – es benötigt nur Unterstützung, besser zu verstehen, was wir von ihm möchten.

Eine Körperbandage ist perfekt für ein Pferd,

  • das sehr schreckhaft ist und scheut
  • das Angst vor Dingen hat, die von hinten kommen
  • das überempfindlich auf den Reiterschenkel oder den Sattelgurt reagiert
  • das Probleme mit Engstellen hat (enge Gassen und Tore)
  • das sich nicht gerne verladen lässt
  • das beim Reiten unkonzentriert sind und sich rasch von Außenreizen ablenken lässt
  • zur Verbesserung der Hinterhandaktivität
  • das sich ungern am Kopf und an den Ohren angreifen lässt (vgl. auch Blogbeitrag Kopfscheues Pferd: Was tun?)

Diese Liste ließe sich noch unendlich fortsetzen, aber ich denke, du hast einen Einblick erhalten, wofür die Körperbandagen eingesetzt werden können. Sie sind so vielfältig und umfassend in der Arbeit mit Pferden einzusetzen, dass es für mich fast keine Situation gibt, wo ich sie nicht einsetze.

 

Körperbandage fürs Pferd: Wo kommt sie her?

Als Linda Tellington-Jones für über 30 Jahren begann, ihre Art, mit Pferden zu arbeiten, in die Welt zu tragen, wurde sie oftmals seltsam angesehen – ihre Methoden waren in der Pferdewelt einfach zu seltsam. Es dauerte lange, bis sich ihre Methode über den Globus verteilte und sich in der Pferdewelt etablierte.

Heutzutage kennt Linda Tellington-Jones fast jeder, zumindest ist der Name bekannt, auch wenn noch viele mit der Tellington TTouch Methode nicht so viel anfangen können.

Die Körperbandagen sind ein fixer und wichtiger Bestandteil der Tellington TTouch Methode.  Sie ergänzen die Körper- und Bodenarbeit, lassen sich aber perfekt beim Reiten oder auch Longieren einsetzen.

Der Einsatz der Körperbänder am Pferd, aber auch bei anderen Tieren sowie dem Menschen, basiert auf  Achtsamkeit: Das Verhalten des Pferdes wird aufmerksam beobachtet. Jede Anwendung und die darauffolgende Reaktion des Pferdes wird reflektiert und falls nötig angepasst.

Das Ziel sollte immer sein, dass sich das Pferd besser fühlt.

Welches Material verwende ich
für die Körperbandage fürs Pferd?

Körperbandagen für Pferde

Als Körperbandagen für Pferde können jegliche Bandagen verwendet werden, die aus elastischem Material sind.

Nicht geeignet sind also die aktuell sehr beliebten Fleece-Bandagen. Diese geben nicht nach und sind nicht elastisch.

Optimal sind Bandagen aus der Humanmedizin, mit der Verbände oder Kompressen angelegt werden.

Die optimale Breite der Körperbandagen für Pferde liegt zwischen 8 bis 10 Zentimeter, die Länge bei mindestens 2 Meter (optimal für die Kopfbandage) und maximal 4 Meter (super für die Körperbandage, die um den gesamten Körper des Pferdes gewickelt wird).

 

Wer es gerne hübsch und bunt mag, kann mit Textilfarbe die hautfarbenen Humanbandagen einfärben. So macht das Einwickeln der Pferde gleich noch viel mehr Spaß 😉

Die wenigen noch im Reitsporthandel erhältlichen Elastikbandagen mit fest vernähtem Verschluss aus Klett können aber genauso verwendet werden. Der fixierte Klettverschluss eignet sich hervorragend, um die Körperbandage beim Reiten zum Beispiel am Sattel zu befestigen.

Wie wirkt die Körperbandage fürs Pferd?

Eine Körperbandage fürs Pferd ist ein sanftes und nicht-invasives Hilfsmittel, um das Körperbewusstsein von Pferden im Gehen und Stehen zu verbessern.
Sie wirkt auf der Ebene der Propriozeption. Propriozeption ist die Wahrnehmung des eigenen Körpers in Raum und Zeit –  das bedeutet die Integration von äußeren Reizen und Informationen auf Zellebene.
Durch die Körperbandagen ist es uns auf sanfte Art und Weise möglich, die Haltung, Spannungszustände, negative Verhaltensmuster und Bewegungsabläufe zu beeinflussen. Es werden so neue Verhaltens-, Bewegungs- und Haltungsmuster möglich, durch die das Pferd neue Ideen für die Lösung eines Problems erhält.
So können Körperbandagen das Selbstbewusstsein, die Selbst- und vor allem Impulskontrolle sowie die Selbstwahrnehmung verbessern. Zudem fördern sie durch die verbesserte Körperwahrnehmung in Folge auch Gleichgewicht, Balance und allgemein die Koordination.
Körperbandagen helfen den Pferden, sich in ihrem Körper wohlzufühlen, gelassener zu werden und damit entspannter an neue Dinge heranzugehen.
Mit Körperbandagen erhalten Pferdebesitzer eine tolle Möglichkeit, ihren Pferden zu helfen, sich besser zu fühlen, also allgemein deren Wohlbefinden und Allgemeinzustand zu verbessern.
 
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Welche Pferde profitieren am meisten von der Körperbandage?

Körperbandagen wirken auf drei Ebenen:

  • Der psychischen, geistigen Ebene
  • Der körperlichen Ebene
  • Der emotionalen Ebene
Körperbandagen, und hier speziell die Kopfbandage (siehe auch das Video „Praxistipp Kopfbandage“ auf Youtube), wirken Wunder bei nervösen und hektischen Pferden, die überall Gespenster sehen und sehr schreckhaft sind und allgemein angespannt und ängstlich wirken.
Linda Tellington-Jones Aussage „Verändere die Körperhaltung eines Pferdes und es ändert sein Verhalten“ trifft bei den Körperbandagen zu 100 Prozent zu. Indem wir dem Pferd ein neues Gefühl für seinen Körper geben und ihm Alternativen aufzeigen, lernt es, auch sein Verhalten zu verändern.
Ein schönes Beispiel sind Pferde, die durch Angst und Unsicherheit mit hoch getragenem Kopf umherstackseln. Diese Pferde sind unsicher, angsterfüllt und ohne Vertrauen. Durch die Kopfbandage können sie sich vermehrt auf ihre Kopfhaltung konzentrieren, spüren sich besser und lassen entspannt Hals und Kopf fallen. Ihre Körperhaltung verändert sich. In Folge wird sich ihr ängstlicher, angespannter Bewusstseinszustand verändern.
Ein tief getragener Kopf ist für ein Pferd natürlicher: Mit tiefem Kopf wird gefressen und gedöst – das macht ein Pferd nur, wenn es entspannt ist.
Mit Körperbandagen können wir dem Pferd also ohne Druck und Zwang auf sanfte, achtsame Art und Weise eine Alternative für sein Flucht- und Angstverhalten aufzeigen.

 

Pinterest Blogbeitrag Körperbänder dunkel

Die Anwendung der Körperbandage fürs Pferd

Die Körperbandage fürs Pferd wird am besten an einem sicheren Ort zum ersten Mal angelegt. Bitte bei der ersten Anwendung das Pferd dabei nicht anbinden, damit es sich frei bewegen kann, sollten ihm die Körperbandagen ungeheuer sein.
Das Allerwichtigste beim Anwenden der Bandagen: Du kannst nichts falsch machen!
Du kannst deinem Pferd damit nicht wehtun (vorausgesetzt du schnürst die Bandage viel zu eng zu, sodass ein Blutstau entstehen könnte). Solange du die Bandagen so locker bzw. eng anlegst, dass sie nicht einschneiden, aber auch nicht leicht verrutschen können, wird dein Pferd immer davon profitieren!
 
Bei der ersten Anwendung ist, dass die du die Bandage nicht gleich fest verknotest, sondern die Bandage nur mal festhältst. So kann sich dein Pferd in Ruhe an das anfangs ungewohnte Gefühl gewöhnen. Falls es hektisch oder ängstlich werden sollte, kannst du die Bandage loslassen und sie gleitet vom Pferd.
 
Noch etwas Wichtiges: Vorsichtig mit herabhängenden und lose flatternden Enden. Das kann sensible Pferde erschrecken. Achte deshalb immer darauf, die Bandage so nah wie möglich am Pferd festzuhalten und flatternde Enden zu vermeiden. Achte immer auf die Sicherheit von dir und deinem Pferd! Sicherheit aller Beteiligten geht immer vor!
Körperbandagen für Pferde anwenden

Warum und wie wirkt die Körperbandage für Pferde?

Warum und wie Körperbandagen für Pferde so besonders wirksam sind, ist nicht zu 100 Prozent geklärt. Zumindest gibt es noch keine wissenschaftlichen Studien darauf.
Viele Physiotherapeuten bestätigen allerdings den Aspekt der sensorischen Wahrnehmung des Körpers (Propriozeption, siehe weiter oben). Je besser ein Mensch oder ein Tier seinen Körper in Raum und Lage in Abhängigkeit zu seiner Umwelt wahrnehmen kann, desto höher ist ein Gefühl für Selbstwirksamkeit.
Je sicherer ein Pferd sich in seiner Umgebung fühlt, desto selbstsicherer und selbstbewusster ist es. Ein Pferd, das von der Emotion der Angst überflutet wird und nur mehr im Notmodus reagiert, hat keinen Bezug mehr zu seiner Umgebung: Die Hufe fliegen durch die Luft, der Kopf ist in der Höhe – es sind diese Situationen, in denen das Pferd seinen Körper nicht mehr in Raum und Zeit wahrnimmt, sondern nur mehr auf äußere Reize reagiert: Und das ist dann genau diese Situation, in denen uns das noch so höfliche Pferd auf die Zehen steigt und uns niedertrampelt.
Indem wir mit Körperbandagen seine Selbst- und Körperwahrnehmung steigern, kann es sich wieder im umgebenden Raum orientieren und sich zurechtfinden – es fühlt sich sicherer und kann wieder klar denken.
Das muss immer das Ziel des Menschen sein: Das Pferd sollte sich in jeder Situation selbstwirksam fühlen: Es soll bewusst nachdenken und überlegen können, bevor es etwas tut – ohne hektisch und kopflos auf äußere Reize zu reagieren.
Körperbandagen sind dafür ein profundes Hilfsmittel!

Wie wird die Körperbandage am Pferd angelegt?

Kopfbandage am Pferd
Körperbandage beim Reiten
Körperbandagen für Pferde anwenden
Körperbandagen fürs Pferd können auf vielfältige Art und Weise angewendet werden. Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Voraussetzung bei jeder Anwendung: Sei achtsam und vorsichtig und beobachte dein Pferd genau: Wie reagiert es auf die Bandage? Zeigt es Anzeichen von mehr Ruhe, Gelassenheit, läuft es locker und zufrieden oder zeigt es Abwehrverhalten nach einer gewissen Zeit, wirkt es plötzlich introvertiert und abwesend?
Die meisten Pferde zeigen nach ca. 20 bis 30 Minuten, dass es genug ist. Dann sollte die Bandage auch abgenommen werden. Die ersten paar Einheiten mit Körperbandagen sind für viele Pferde, die noch wenig Erfahrung mit Körperarbeit haben, sehr intensiv, da sie mit einer ihnen völlig unbekannten Wahrnehmung ihres Körpers konfrontiert werden. Bei der ersten Anwendung sollte die Bandage nicht länger als 10 bis 20 Minuten verwendet werden. Die Erfahrungen, die das Pferd damit macht, können sehr intensiv sein.
Viele Pferde sind nach der Anwendung der Körperbandage deshalb auch psychisch richtig müde und fertig. Dann sollte die Einheit beendet werden oder zumindest eine genügend lange Pause eingeräumt werden, damit die Pferde die vielen Informationen auch verarbeiten und in ihren Körper integrieren können. Die Wirkung der Bandagen können auch lange nachwirken!
 

Wenn auch du dieses einfache Hilfsmittel Körperbandagen ausprobieren möchtest, dann lege ich dir meinen Selbstlernkurs „Körperbandagen – Gut gewickelt zum entspannten Pferd“ ans Herz. Darin lernst du in mehreren Videoanleitungen, wie du die Körperbandagen anlegst, für welchen Zweck du sie einsetzen kannst und erfährst, wie sie sogar dir als Reiter helfen können.

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