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Alexander-Technik

  • Alexander-Technik für Reiter: Für einen geschmeidigen und lockeren Reitersitz

    Reiten lernen bedeutet vor allem Bewegungslernen. Reiter müssen schließlich nicht nur die Kontrolle und die Einwirkung über ein anderes sich bewegendes Lebewesen haben, sondern auch noch über den eigenen – in gemeinsamer Bewegung mit dem Pferd. Dass viele Menschen sich gar nicht elastisch, beweglich und stabil genug auf dem Pferd bewegen KÖNNEN, wird im normalen Reitunterricht oft völlig übersehen. Gründe können körperliche Einschränkungen, fehlendes Körpergefühl oder einfach nur Unwissenheit sein.

    Ich finde es enorm wichtig, genauso fit und beweglich zu sein, wie ich mir das von meinem Pferd wünsche. Ein Reiter, der starr und ungelenkig auf dem Pferd sitzt und nicht weiß, wie er sich in bestimmten Lektionen (Angaloppieren, Seitengänge etc.) bewegen muss, kann in meinen Augen auch nicht erwarten, dass das Pferd locker flockig auf feinste Hilfen hin schwierige Lektionen ausführt …

    Dabei gibt es so viele tolle Ansätze und zusätzliche Hilfestellungen aus anderen Methoden, die dem Reiter helfen, seinen Körper am Pferd besser unter Kontrolle zu bringen und mehr ins Fühlen zu kommen … Die Alexander-Technik als eine davon hilft Reitern enorm weiter.

    Weitere Möglichkeiten sind Yoga für Reiter oder Feldenkrais. Mehr dazu kannst du in folgenden Blogbeiträgen lesen:

    Ich habe Maleen Schultka, Expertin für Alexander-Technik und Reiten zum Interview gebeten. Nach drei Einheiten bei ihr in der Praxis bemerkte ich enorme Verbesserungen in meinem Sitz (vor allem bezüglich Körperspannung und Leichtigkeit beim Leichttraben). Außerdem habe ich seit Monaten keine Beschwerden mir im ISG-Bereich, was mich die letzten Jahre im Alltag, aber vor allem auch beim Reiten eingeschränkt hat …

    Was aber ist Alexander-Technik für Reiter genau, und wie hilft es uns, zu einem guten Reitersitz zu kommen, sodass unsere Pferde von einer einfühlsamen und achtsamen Einwirkung profitieren?

    Interview mit Maleen Schultka, Expertin für Alexander-Technik für Reiter

    Maleen Schultka ist Alexander-Technik-Trainerin in eigener Praxis in Bad Aibling, Bayern. Sie bietet spezielle Trainings für Reiter an: Alexander-Technik für Pferd und Reiter. Maleen hat mir bereits in nur drei Einheiten derart enorm weitergeholfen, dass ich jedem, der mit seinem Sitz hadert, unter anderem Alexander-Technik ans Herz lege. Die Übungen wirken sehr lange nach, und oft braucht der Körper ein wenig Zeit (bei mir bis zu mehreren Wochen), bis er das neu Gelernte integriert hat.

    Maleen war so freundlich und hat sich bereit erklärt, mir ein paar Interviewfragen zu beantworten.

     

    Liebe Maleen, magst du dich kurz vorstellen? Wer bist du, was machst du?

    Ich bin Expertin für dysfunktionale Bewegungs- und Handlungsgewohnheiten und seit meiner Kindheit den Pferden verbunden.  Meine Vorträge betitle ich so: „Wenn Denken in Bewegung kommt und Bewegung ins Denken.

    Mein Klientel ist breit gefächert und die Aufgaben sehr vielseitig: Menschen suchen mich auf, wenn sie wiederholt auf das selbe Problem stoßen, alles probiert haben, doch nichts nachhaltig geholfen hat, z. B.  Leistungsziele nicht erreichen oder unter Bewegungseinschränkungen leiden bis hin zu chronischen Schmerzen. Meine Aufgabe ist es, die mental-somatischen Ursachen dafür zu erkennen, den Lösungsweg aufzuzeigen und die direkte, konkrete und nachhaltige Umsetzung zu begleiten.

    Maleen Schultka: Alexandertechnik
    Maleen Schultka mit Butterfly. Foto: privat

    Wie war dein persönlicher Weg zur Alexander-Technik?

    Auf die Alexander-Technik wurde ich durch ein Editorial der Reiterzeitschrift St. Georg aufmerksam. Ein  Reitlehrer und zugleich Ausbilder für Alexander-Technik unterrichtete im deutschen Bundesleistungszentrum für Reiterei in Warendorf. Nach der Lektüre war mir sofort klar, dass ich das lernen will. Daraufhin absolvierte ich die dreijährige Ausbildung, die mehr als 1600 Unterrichtsstunden umfasst. Bereits in der ersten Alexander-Technik-Einheit waren meine jahrelangen Schmerzen und ein kraftloser Arm, bedingt durch Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule, verschwunden. Meine Aufrichtung war wieder unangestrengt und Bewegungen wieder fließender. Das wirkte sich natürlich sehr positiv beim Reiten aus.

    Kannst du erklären, was die Alexander-Technik ist? Wie würdest du sie einem Laien in wenigen Sätzen erklären (wenn das überhaupt möglich ist)?

     Kurzfassung: Alexander-Technik ist ein mentales  Körpertraining, um die sensorische Eigenwahrnehmung zu rekalibrieren.

    Der Physiologe und Nobelpreisträger Nicolaas Tinbergen nannte es eine wissenschaftliche Methode, die das neuromuskuläre System re-kalibriert. Tatsächlich basiert Alexanders Technik auf der evolutionären Entwicklung von Wirbeltieren:  Die Qualität der Koordination zwischen Kopf und Rumpf korreliert unmittelbar mit der Effizienz der Bewegungen in den Extremitäten.

    Wir Reiter benutzen dafür den Begriff  „durchlässiges Genick“,  meist nur in Bezug aufs Pferd, oder? Jedoch  ist dies für beide die primäre Voraussetzung für eine natürlich leichte und effiziente Koordination, Bewegung und Balance.

    Zunehmend beeinflussen im Laufe des Lebens Gewohnheiten unsere Aufrichtung und bewegliche Durchlässigkeit mehr oder weniger günstig, und allmählich resultieren daraus körperliche Einschränkungen.

    Der passionierte Reiter und Namensgeber Frederick Matthias Alexander erkannte eigene Bewegungsmuster in Alltagssituationen als Ursache für seine körperlichen Probleme. Aus seinen Forschungen entwickelte er ein wissenschaftliches Vorgehen, um diese Gewohnheiten zu  vermeiden. Dieses Vorgehen nennt man heute Alexander-Technik.

    Ihre Wirkung ist im medizinischen und wissenschaftlichen Bereichen respektiert und seit Jahrzehnten im Lehrplan von Schauspielern, Musikern und Artisten integriert.
     
    All you need is less of disturbing your primal coordination.“ (Alles, was du brauchst, ist weniger Störung deiner primären Koordination)

     

    F. M. Alexander

    Wenn wir aufhören, das Falsche zu tun, geschieht das Natürliche wieder von selbst.

    Was unterscheidet die Alexander-Technik von anderen Körperarbeits-Methoden wie Feldenkrais oder Ergotherapie?

    Allen gemeinsam ist, dass die Auswirkungen körperlich spürbar sind. Der Begriff „Technik“ impliziert zudem zweierlei: zum einen ein Verfahren, das die Erkenntnisse der Naturwissenschaften für den Menschen praktisch nutzbar macht. Zum anderen werden auch bestimmte, festgelegte Vorgehensweisen als Techniken bezeichnet.

    Entsprechend MACHE ich nicht Alexander-Technik, sondern ich WENDE Alexanders Technik an. Ganz direkt und konkret WÄHREND ich z. B. eine Unterrichtseinheit in Feldenkrais erhalte, programmiere oder reite. In der Gehaltsverhandlung, beim Singen oder beim Hufeauskratzen. Ich lerne die Alexander-Technik, sodass ich sie in allen Lebenssituationen anwenden kann  bzw. ich WÄHLE, ob und wann ich sie benutze.

     

    Wie bist du dazu gekommen, die Alexander-Technik für Reiter anzuwenden? Und wie dazu, dass du für die Alexander-Technik für den Reiter „brennst“?

    Ich bin in erster Linie dem Wohl der Pferde verbunden und arbeite deshalb gern mit Reitern. Meist wollen sie das Beste für ihr Pferd, doch gerade dadurch, dass sie alles richtig machen wollen, stehen sie ihrem Ziel ungewollt, aber beharrlich im Weg. Aus diesem Dilemma führe ich sie mit Alexanders Technik meist schon in der ersten Einheit heraus. Für diese Momente der Erkenntnis und die feine Reaktion des Pferdes, z. B. das erleichterte Abschnauben, – dafür brenne ich. 

    Alexander-Technik für Reiter: Beobachten von Mustern

    Wie gehst du eine Alexander-Stunde mit einem Klienten mit reiterlichem Hintergrund an? Worauf achtest du?

    Auch Reiter weisen den gleichen physiologischen“Bauplan” auf, also ist zunächst keine andere Herangehensweise nötig 🙂  Der Klient stellt mir sein Anliegen theoretisch und praktisch vor. Ich beobachte, höre zu, frage nach. Wie eine konkrete reiterliche Aktivität wie z. B. das Leichttraben oder eine komplexe Lektion wie fliegende Wechsel geht, erforschen wir so praktisch wie möglich:  Inwieweit sind eigene, alltägliche Bewegungsmuster ursächlich für das reiterliche Problem? Inwieweit beeinträchtigt der Reiter habituell seine Durchlässigkeit im Genick? Wodurch kann er das erkennen und künftig vermeiden?

    Wenn ich Pferd und Reiter gleichzeitig unterrichte, beobachte ich das Zusammenspiel beider, wo beide in ihren Mustern stecken, was Ursache und Wirkung ist. Aus meiner Erfahrung sind die Reiter fast immer zu schnell in ihren Aktionen und Reaktionen. Sie warten nicht ab, wie das Pferd auf EINE Hilfe reagiert. “Denn sie wissen nicht , was sie (alles) tun.” Dieser Filmtitel beschreibt meine Beobachtungen sehr treffend.

     

    Warum ist die Alexander-Technik für Reiter so hilfreich?

    Kurt Albrecht, Oberbereiter und ehemaliger Leiter der Spanischen Hofreitschule in Wien:

    „Die Kriterien für den guten Sitz des Reiters sind dieselben wie für eine gute Haltung im allgemeinen. Eine konstante Aufmerksamkeit darauf, wie man alltäglich geht oder steht, ist ein excellentes Training für den einen geschmeidigen, ausbalancierten Sitz.“

    Mit Alexanders Technik erlangt man diese Aufmerksamkeit wieder, sodass Bewegungen fließender werden, die Aufrichtung natürlich passiert und das Wohlbefinden insgesamt wieder steigt.

     

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    Durch Alexander-Technik für Reiter auch Alltagsprobleme loswerden

    Kannst du ein anschauliches Beispiel für einen schönen „Therapieerfolg“ bei einem Reiter/einer Reiterin geben?

    “Auch wenn es anfangs ein großes Umdenken gab: es macht mir nun große Freude, beim Reiten weniger zu tun und somit mehr zu erreichen. Mein Pferd ist locker und zufrieden und macht mir immer wieder wundervolle Geschenke. Obwohl ich eigentlich nur besser sitzen und reiten wollte, bin ich von meinen Rückenschmerzen befreit – für mich der beste Nebeneffekt des Unterrichts.”

    Kathrin M., Lehrerin,  Rosenheim

     

     

    Was ist deine absolute Lieblings-„Übung“ für Reiter, die du gerne unterrichtest?

    Welches “Mittel” zum Ziel führt, wähle ich  situativ und ist sehr individuell. Schließlich hängt der Erfolg maßgeblich davon ab, dass der Reiter sein “Kopfkino” in den Griff bekommt. Das  nachhaltig selbst zu erreichen, dauert durchschnittlich sechs Einheiten mit einem versierten Alexander-Technik-Ausbilder. Begleitend und zur Unterstützung des Lernprozesses habe ich den Alexander-Technik-Basisplan© entworfen und von meinen Kollegen und Rundfunk-Sprecher, Andreas Dirscherl, vertonen lassen. Die Alexander-Technik-Basisplan©-App ist kostenfrei und für IOS und Android optimiert.

     

     

    Wie kann man die Alexander-Technik in den Alltag integrieren bzw. die Erfolge in den Sitzungen in den Alltag übertragen?

    Vergleiche es mit einer Sprache, die du neu lernst: Lerne die Strukturen, die Vokabeln, die Grammatik und dann spreche … Genau so ist es mit Alexanders Technik: Wende sie an, wann immer und wo auch immer. Besonders einfach beim Toilettengang 🙂 – hinsetzen und aufstehen.

    Probiere Folgendes aus: Prüfe, bevor du dich hinsetzt oder aufstehst, ob du den Kopf in den Nacken ziehst. Falls du es tust, probiere, es nicht mehr zu tun. Was bemerkst du? Achte auf das, was du vermutlich unbewusst tust,  obwohl es für die Zielerreichung – in diesem Beispiel das Hinsetzen/Aufstehen –  überflüssig ist. Allerdings: Nur einer von 100 Menschen bemerkt es überhaupt. Ein Spiegel oder ein Video kann helfen. Wiederhole das Experiment mehrmals, nur dann schält sich das Muster heraus.

    "Ja-Sagen" zur Alexandertechnik für Reiter

    Kannst du eine einfache Übung für Reiter verraten?

    Die Aufgabe des Reiters ist die bewusste Selbstbeobachtung und Aufmerksamkeit auf sein “Tun” während des Reitens. Analog zum erwähnten Toilettengang frage entsprechend: “Was passiert automatisch, also ohne dass ich es bewusst tue bzw. beabsichtige?

    Deshalb: Übe ein winziges Kopfnicken wie beim “Ja“-Sagen und ein winziges Kopfschütteln wie beim Verneinen. Am besten vor einem großen Spiegel. So siehst du, was passiert, und bekommst ein feines Gefühl für ein durchlässiges Genick. Wenn du dein Pferd z. B. im Schritt am langen Zügel aufwärmst, erinnere dich selbst daran, führe eventuell das winzige Kopfnicken aus. Beobachte, wie dein Körper darauf reagiert, wie reagiert das Pferd? Du musst sehr präzise beobachten und dich bemühen, nicht zu interpretieren. Spiegel oder Video sind gute Mittel für eine objektive Beurteilung.

    Welche Erfahrungen hast du schon mit Ausgleichssport für Reiter gemacht? Machst du Yoga, Feldenkrais oder ähnliches? Oder reicht dir deine Reiterei, um fit zu bleiben?

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